Düsseldorf Die vorgezogene Haushaltsdebatte

Düsseldorf · Eigentlich sind Finanzen bei der Einbringung und Verabschiedung des Haushalts erst ab Herbst Hauptthema im Stadtrat. Wegen der jüngsten Kreditaufnahme wurde gestern darüber mehr als zwei Stunden debattiert.

 Kämmerin Dorothée Schneider sprach vor dem Rat über die unerwartet hohen Rückzahlungen bei der Gewerbesteuer.

Kämmerin Dorothée Schneider sprach vor dem Rat über die unerwartet hohen Rückzahlungen bei der Gewerbesteuer.

Foto: Andreas Bretz

Die Finanzlage Düsseldorfs ist angespannt - und das führt auch zu Besonderheiten im Stadtrat: einer mehr als zweistündigen Haushaltsdebatte im März. Dafür ist eigentlich die Dezember-Sitzung reserviert, bei der über den Haushaltsplan für das kommende Jahr erst diskutiert und dann entschieden wird. Doch jetzt ist die Stadt innerhalb weniger Wochen gleich zweimal nicht liquide gewesen, musste einen 90-Millionen-Euro Kredit bei einer Bank aufnehmen, um unerwartet hohe Rückzahlungen bei der Gewerbesteuer leisten zu können. Die liegen, wie Kämmerin Dorothée Schneider im Stadtrat ausführte, schon bei 158 Millionen Euro in diesem Jahr, 2015 seien es insgesamt nur 155 Millionen Euro gewesen.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass meist auch unerwartete Einzahlungen bei der Gewerbesteuer eingehen, weshalb Schneider davon ausgeht, dass sich die Liquiditätslücke im Laufe des Jahrs wieder schließen lässt und sie fristgerecht zum 30. November den zinslosen Kredit der Hypo Vereinsbank zurückzahlen kann. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so weitergeht", sagte sie. Es liege aber nicht im Bereich des Unmöglichen, "was fatal wäre".

Den Debattendamm brach CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt, der eine Art Haushaltsrede hielt. Es sei besorgniserregend, dass nichts dazu gesagt werde, wie der Kredit zurückgezahlt und ob eine Haushaltssperre verhängt werden soll. Besonders kritisierte Gutt, dass Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) auch Schulden für Investitionen nicht ausschließt. "Das mag Ihre private Einstellung sein, es ist aber Ihre verdammte Pflicht, nach der Haushaltssatzung der Stadt zu handeln" In der stehe eine Schuldenbremse für Investitionen. Angesichts der Lage "an der Schwelle zum Ruin" sei jetzt ein Kassensturz nötig, sagte Gutt.

Da ging der Rathaus-Chef selbst ans Mikro, warf Gutt vor, "unchristlich" zu argumentieren und Düsseldorf unnötig schlechtzureden. Seine Kollegen aus anderen kreisfreien Städten empfänden "so ein Geschwätz aus Düsseldorf" als ignorant, betonte Geisel. Tatsächlich habe die Stadt in den vergangenen sechs Jahren über ihre Verhältnisse gelebt, das Sparpolster sei aufgebraucht. Mit seiner Stadtregierung sei überhaupt erst der Pfad der Solidität eingeschlagen worden - so werde der Wildwuchs beim Stellenplan beendet, der 30-Millionen-Euro-Tunnel bei der U81 nicht gebaut, und die hohen Düsseldorfer Standards würden hinterfragt.

Wolfgang Scheffler (Grüne) warf der früheren schwarz-gelben Regierung vor, Tafelsilber wie die Stadtwerke-Anteile verkauft zu haben. SPD-Fraktionschef Markus Raub ergänzte, dass auch versäumt worden sei, ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Schulen zu sanieren. FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann verwies darauf, dass die Stadt mit den Flüchtlingskosten vor nicht absehbaren Herausforderungen gestellt sei. Es sei aber "gruselig", wie sich die Banken dem Rathaus derzeit mit Krediten anbiederten, um die Stadt mit Schulden abhängig zu machen: "Das ist wie mit einem Junkie."

Andreas Hartnigk (CDU) machte am Ende der Debatte noch deutlich, dass weitere Kosten noch anstehen: So seien die 70 Millionen Euro, für die sechs Modulanlagen für Flüchtlinge angekauft werden sollen, noch gar nicht enthalten. Diese Summe wurde vorerst verschoben - auf eine Sondersitzung des Finanzausschusses, die am kommenden Montag stattfindet.

(dr)
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