Analyse Die Uni unterwegs in "dritter Mission"

Düsseldorf · Forschung und Lehre sind traditionell die Kernaufgaben von Hochschulen. Als gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Akteure haben sie sich allerdings in Deutschland kaum profiliert. Ein Versäumnis, das man an der Heinrich-Heine-Universität nachholt.

Dass man englische Ausdrücke wie "Social entrepreneurship" oder "Community outreach" bemühen muss, wenn man über eine neue Rolle deutscher Hochschulen sprechen will, zeigt, wie fremd lange hierzulande das war, was sie umschreiben: die "Third Mission", um einen weiteren englischen Begriff anzuwenden.

Was ist damit gemeint?

Traditionell gehören Forschung und Lehre zu den Kernmissionen von Hochschulen. Doch in Ländern wie den USA geht das Selbstverständnis schon seit Langem darüber hinaus: Man gestaltet die Gesellschaft, Politik und auch Wirtschaft im wechselseitigen und institutionalisierten Austausch mit - auf Augenhöhe. Dazu gehören zum Beispiel ausgeprägtes zivilgesellschaftliches Engagement und Technologietransfer. Der Vorwurf des Elfenbeinturms ist diesen Hochschulen - im Gegensatz zu denen hierzulande - daher weitestgehend fremd.

Die Heinrich-Heine-Universität will sich in diesem Bereich nun stärker profilieren. Auf dem Neujahrsempfang am Mittwochabend sagte Rektorin Anja Steinbeck, dass "wir unser Profil dort ausbilden sollten, wo wir schon Stärken haben" und dass die Hochschule "am ehesten dort erfolgreich sein werde", wo es ihr gelinge, ihre "Interessen in Wissenschaft und Forschung mit den Interessen der Region zu verknüpfen". Sie stellte aber auch klar, dass die Universität "keine Dienstleisterin der Politik" sei und "die von der Politik oft geforderte ,Anwendungsbezogenheit von Forschung und Lehre'" zu kurz gegriffen sei.

Tatsächlich betreibt die Universität Düsseldorf inzwischen verstärkt einen Austausch - zum Beispiel mit Unternehmen und Persönlichkeiten aus der Stadt und der Region, mit denen man etwa Praktika oder Praxis-Projekte umsetzt (zum Beispiel Ausstellungen mit Kultureinrichtungen). Im Verbund mit der Stadt fördert die Uni Düsseldorf inzwischen den Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft: Mit der Agentur "Diwa" wird Studenten, Absolventen und Wissenschaftlern beim Aufbau eines Start-ups geholfen.

Was noch vor einigen Jahren unmöglich schien, setzt sich mehr und mehr durch. Sogar im sozialen Bereich engagiert sich die Hochschule inzwischen verstärkt: So hatte die Uni der Stadt zum Beispiel "schnell und unbürokratisch", wie Oberbürgermeister Thomas Geisel es formuliert, die Sporthalle überlassen. Und von sich aus hat die Uni Informationsveranstaltungen für Flüchtlinge zum Thema Studium auf die Beine gestellt. Mit der "Langen Nacht der Wissenschaft" will die Universität gemeinsam mit anderen Hochschulen wie der Hochschule Düsseldorf verstärkt die wissenschaftliche Arbeit auch in die Gesellschaft transportieren. Das versucht man auch mit den "Science Slams", bei denen im "Haus der Universität" am Schadowplatz Wissenschaftler in wenigen Minuten ihre Projekte vorstellen und um die Gunst der Düsseldorfer werben.

Solche Initiativen und solches Engagement sind wichtig, um eine größere gesellschaftliche Rolle als bisher einzunehmen. Doch es gibt noch viel zu tun, zum Beispiel wenn es um die Beteiligung an aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen geht.

Die Heine-Universität ist wie viele andere deutsche Hochschulen inzwischen unterwegs in "dritter Mission", aber eben wie viele andere Hochschulen des Landes noch nicht am Ziel.

Und englische Ausdrücke wie "Third Mission" sind nicht mehr ganz so fremd.

(semi)
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