Serie "Welche Kultur braucht Düsseldorf?" Die Stadt und ihre kulturelle Identität

Düsseldorf · Oberbürgermeister Geisel hat die Frage aufgeworfen, was zum Profil der Kulturstadt Düsseldorf gehört - und was nicht. Von der Debatte könnte die Zukunft einiger Museen abhängen. Braucht die Heine-Stadt zum Beispiel ein Goethe-Museum?

Serie "Welche Kultur braucht Düsseldorf?": Die Stadt und ihre kulturelle Identität
Foto: Ferl

Bei der Podiumsdiskussion der Rheinischen Post forderte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) mehr Profil für die Kulturstadt Düsseldorf - und hat damit eine heikle Debatte angestoßen. Geisel kündigte an, statt einer Förderung "mit der Gießkanne" klarere Schwerpunkte setzen zu wollen. Ein Kriterium solle dabei sein, welche Ausstellungen und Kulturinstitute die kulturelle Identität der Stadt ausdrücken. Geisel fragte: "Steht Düsseldorf nicht eher für die Zero-Kunst, Heine und Schumann als für Goethe?" Das war ein Wink in Richtung des Goethe-Museums, das sich sorgen muss, einer Neuausrichtung der Museumslandschaft zum Opfer zu fallen.

In der Tat ist es auffällig, dass die Düsseldorfer Ausstellungshäuser häufig dann die geforderte nationale oder sogar internationale "Strahlkraft" entwickeln, wenn sie sich auf lokale Traditionen und Kulturgrößen besinnen. Bei den großen Häusern galt das zuletzt etwa für die Uecker-Ausstellung im K20 oder die Wim-Wenders-Schau im Kunstpalast. Auch als die Elektro-Pioniere Kraftwerk vor zwei Jahren für eine Konzertreihe in ihre Heimatstadt ins K20 zurückkehrten, waren plötzlich alle Blicke auf Düsseldorf gerichtet. Der jüngste Coup mit einem Aushängeschild der Düsseldorfer Kunstgeschichte gelang anderswo - was auch Geisel nicht entgangen ist: Zur Zero-Gruppe gab es viel beachtete Ausstellungen im New Yorker Guggenheim-Museum und - noch bis zum Wochenende - im Berliner Martin-Gropius-Bau.

So denken junge Leute über Düsseldorf
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Foto: Bretz, Andreas

Die Überlegungen zur kulturellen Identität betreffen aber nicht nur die Blockbuster, sondern auch die kleinen Spezialinstitute. Schon die schwarz-gelbe Mehrheit dachte über eine Neuorganisation nach, mit den jüngsten Äußerungen erhöht Geisel den Druck. Dabei geht es nicht nur ums Goethe-Museum. Auch andere Institute müssen sich angesprochen fühlen: Passt ein Filmmuseum zu Düsseldorfs Identität? Braucht es - trotz Dumont und Gründgens - ein Theatermuseum? Würde es nicht mehr Sinn machen, Düsseldorfs Rang als Stadt der Bildenden Kunst zu stärken - oder das Heine-Institut?

Ein Fokus auf die lokale Geschichte hat andererseits nicht nur Befürworter. Zu viel Selbstbeschau kann auch provinziell wirken. Immer wieder grummeln Kulturschaffende, dass Düsseldorf schon in den vergangenen Jahren zu stark auf Lokalkolorit gesetzt habe, statt Anderem und Neuem einen breiteren Raum zu geben.

Impressionen von der Nacht der Museen 2015
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Foto: Holger Lodahl

Auch der Leiter des Goethe-Museums, Christof Wingertszahn, widerspricht Geisel - und wirbt für die Bedeutung seines Instituts. "Eine Kulturhauptstadt wird man durch das Gleichgewicht von lokal- und nationalkulturellen Anteilen", sagt er. Sein Museum ergänze die lokale Tradition durch eine gesamtdeutsche. "Japanische und chinesische Touristen fliegen um den Globus, um sich die Originalhandschrift der Schlussverse des ,Faust' zu besehen", so Wingertszahn. "Will man auf deren Leuchten verzichten?"

(RP)
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