Heimspiel der Antilopen Gang in Düsseldorf Die Außenseiter der Modestadt

Düsseldorf · Rund 1000 Hip-Hop-Fans haben sich im Düsseldorfer Stahlwerk einen Abend vor dem Heiligen Abend ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk gemacht und das Heimspiel der Antilopen Gang besucht. Die Rapper gaben bei diesem Auftritt alles, was sie zu geben haben: Klare politische Kante, grandiosen Blödsinn und überraschende Emotionalität.

Dass der Selbstmord ihres Bandmitglieds NMZS vor vier Jahren immer noch deutliche Spuren bei den verbliebenen Antilopen hinterlassen hat, zeigt der erste Titel. In "Gestern war nicht besser" vom aktuellen Album "Anarchie und Alltag" rappt Koljah zu getragenem Klavierspiel von Danger Dan Zeilen wie "Den Kopf in die Erde zu rammen scheint 'ne vernünftige Idee / Aber sich selber umzubringen ist das Dümmste, was es gibt." Nach dieser Reflexion über die Ungewissheiten und Ambivalenzen des Lebens polen die Antilopen ihr Konzert allerdings immer mehr auf Party — zumindest, was die Musik angeht. Fette Beats und später auch Punkrock von drei weiteren Live-Musikern begleiten ein Programm, das quer durch die Bandgeschichte zieht. In "Outlaws", einem der neueren Stücke rappen sie "Wir sind die Armee der Kaputten und der Hässlichen" — und rufen am Ende mit Kraftwerk-Roboterstimme ins Publikum: "Modestadt Düsseldorf!"

Das ist ihr Spiel mit der Ironie, dass die Stadt von Kunst, Mode und Großbürgertum auch ihren eigenen Stachel gebiert: Systemkritische Punkbands wie Die Toten Hosen oder Fehlfarben und Irrlichter wie die Antilopen Gang, die kein Blatt vor den Mund nehmen. "Beate Zschäpe hört U2" ist ihr ätzender Kommentar zum Wiedererstarken des Rechtsextremismus in Deutschland, der manchmal näher an der so genannten "Mitte" zu finden ist, als vielen lieb ist. Und in "Tindermatch" verkuppeln sie kurzerhand den IS-Terroristen Denis Cuspert mit Pegida-Initiator Lutz Bachmann.

Nachdem sie sich im Weihnachtsmannkostüm im improvisierten Freestyle-Rap versuchen wie früher werden die Antilopen im Zugabenblock bei einer Reise zu den Stücken der Vergangenheit von hochkarätigen Gästen begleitet: Die Rapperin Sookee darf im DJ Medley auch den eigenen Titel "Q1" aufführen, später springen auch Degenhardt und Fatoni auf der Bühne herum.

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