Ronald Vogel "Das war nicht hilfreich für den Kardinal"

Düsseldorf · Der Direktor des Caritasverbandes in Düsseldorf kritisiert, wie die Suche nach einem neuen Stadtdechanten bisher verläuft.

 Roland Vogel hält die öffentliche Debatte über die Besetzung des Dechanten-Postens für unglücklich.

Roland Vogel hält die öffentliche Debatte über die Besetzung des Dechanten-Postens für unglücklich.

Foto: Andreas Bretz

Was erwarten Sie vom neuen Stadtdechanten?

Ronald Vogel Er steht vor großen Herausforderungen. Er muss die Menschen, die in den vergangenen Wochen zum Meinungsbild beigetragen haben, und diejenigen, die auch eine Meinung haben, sich aber nicht geäußert haben, zusammenführen. Die katholische Kirche ist ein großes Schiff. Der Stadtdechant muss dafür sorgen, dass alle an Bord bleiben und sich als Mannschaft empfinden.

Sie haben die Menschen angesprochen, die in den vergangenen Wochen ihre Meinung zum neuen Dechanten und zum Kandidaten Wolfgang Picken geäußert haben. Was ist in der Debatte Ihrer Meinung nach falsch gelaufen?

Vogel Ich war im Urlaub und habe das vorrangig aus der Presse entnommen. Ich persönlich war betroffen, wie viele Äußerungen abgegeben wurden, die keinem geholfen haben: insbesondere dem Kardinal nicht und auch all denen nicht, die namentlich erwähnt wurden.

Wie bewerten Sie die Kritikpunkte, die 15 Pfarrer in einem Brief an den Kardinal geäußert haben?

Vogel Ich weiß überhaupt nicht, ob es einen solchen Brief gibt. Das habe ich bisher auch nur aus den Medien erfahren. Wenn es ihn gibt, dann halte ich es für unglücklich, dass er in die Öffentlichkeit gekommen ist und darüber so lautstark debattiert wurde.

Welche Reaktionen haben Sie auf die Debatte erlebt?

Vogel Es waren viele. Mitarbeiter der Caritas, Menschen, die wir betreuen, Bürger - sie alle fragen mich, was wir da für ein Bild abgeben.

Was denken Sie, sind die Ursachen für diese schwierige Situation?

Vogel Ich glaube, alle Beteiligten haben Sorgen - das ist erst einmal nicht verwerflich. Die Richtungen, in die manche dieser Sorgen gehen und führen, teile ich nicht.

Was sind das für Sorgen?

Vogel Das ist keine fassbare Sorge. Es ist eine allgemeine Sorge vor Veränderung verbunden mit dem Wunsch, dass die Dinge bleiben, wie sie sind. Die Menschen suchen Sicherheit und jemanden, der ihnen Sicherheit gibt.

Warum teilen Sie diese Sorge nicht?

Vogel Ich bin ein konservativer Mensch. Konservativität heißt, das Gute zu behalten, das Neue zu prüfen und von den neuen Dingen die guten einzubauen. Veränderungen können auch Chancen sein, die wir positiv annehmen sollten. Wir können nicht nur behalten.

Welche Machtinteressen spielen bei den Sorgen eine Rolle?

Vogel Ich will nicht verhehlen, dass auch Machtinteressen eine Rolle spielen können. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass die Aufgaben eines Stadtdechanten so machtvoll sind, weil er viele repräsentative Aufgaben hat, die nicht "machtvoll" sind.

Der Kandidat Wolfgang Picken wird vor allem dafür kritisiert, eine schillernde Persönlichkeit zu sein. Ist das ein berechtigter und im Zusammenhang der Auswahl relevanter Vorwurf?

Vogel Ich kenne Herrn Picken nicht. Ich kann deshalb nur unabhängig von den Punkten sagen, dass viele nicht zu einer guten Lösung beigetragen haben, um dem Kardinal die Entscheidung leicht zu machen.

Wie kann eine Lösung des Konflikts aussehen?

Vogel In diesem Punkt möchte ich auf die Missionsreisen des Apostels Paulus verweisen. Die Probleme, über die wir hier und heute sprechen, gab es damals auch schon. In den Texten gibt es einige Stellen, in denen sehr deutlich wird, dass die genannten Sorgen auch schon in den Ur-Gemeinden vorhanden waren. Es gab viele Streitigkeiten, die über lange Distanzen geklärt werden mussten. Man kann die Briefe übrigens auch so lesen, dass auch Paulus wie eine schillernde Persönlichkeit gewirkt hat.

Und welche Lösung gibt es bei Paulus?

Vogel Als Christ und Katholik glaube ich, dass Gott, Christus, der Heilige Geist und das Gebet viele Dinge auflösen können. Ich glaube an die Kraft des Gebetes. Es wird sich vieles auflösen, das ist im Sinne der Kirche - und damit meine ich nicht die Amtskirche.

Oft ist die Angst vor einer Entscheidung groß, die Zusammenarbeit nachher aber um so konstruktiver. Was gibt Ihnen die Hoffnung, dass dies in der aktuellen Frage der Fall sein wird?

Vogel Ich weiß nicht, wer kommt. Aber so oder so werden wir uns auf einen neuen Menschen einlassen, und er wird sich auf uns einlassen müssen. Für uns als Verband bedeutet die Entscheidung, dass wir einen neuen Caritas-Ratsvorsitzenden bekommen, auf den wir uns freuen - egal, wen der Kardinal auswählt.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie den neuen Stadtdechanten doch schon kennen, weil es sich um einen Düsseldorfer handelt?

Vogel Angesichts der Entwicklungen der vergangenen Wochen kann ich nicht mehr beurteilen, wer sich da selbst in Position gebracht hat und wer wirklich ein Kandidat ist. Ich kann daher nur noch mal sagen: Für uns wird jede Lösung ein Grund zur Freude sein.

Ist der Konflikt Ausdruck einer allgemeinen Verunsicherung in der katholischen Kirche?

Vogel Ganz klar: Nein. Es gibt die Sicherheit, dass wir auf dem Weg sind. Manchmal beschäftigt man sich eben nur zu sehr mit dem Weg und nicht mit dem Ziel.

CHRISTIAN HERRENDORF UND TORSTEN THISSEN FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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