Teilnehmerin beim Dance World Cup aus Düsseldorf "Das Leben ist mein Hobby", sagt Sophia (10)

Düsseldorf · Schubladendenken geht ja ganz schnell: Ein zehnjähriges Mädchen mit russischen Eltern, das am Dance World Cup teilnimmt? Klarer Fall von Drill. Dann aber trifft man Sophia und muss die Schublade wieder aufmachen. Denn Sophia ist ganz anders.

 Sophia bei einem Tanzauftritt: Vier Mal in der Woche trainiert sie in der Ballettschule. Ballerina möchte sie später trotzdem nicht werden. "Das bin ich doch schon", sagt sie.

Sophia bei einem Tanzauftritt: Vier Mal in der Woche trainiert sie in der Ballettschule. Ballerina möchte sie später trotzdem nicht werden. "Das bin ich doch schon", sagt sie.

Foto: Luisa-Uljana Kazabaev

"Ich bin Einzelkind. Das ist nicht so interessant. Wenn ich nur zu Hause vor dem Fernseher sitzen würde, wäre das total langweilig. Ich will eher alles machen", sagt Sophia.

Nach der Schule hat sie vier Mal in der Woche Balletttraining, manchmal auch ein fünftes Mal am Sonntag. Seit der ersten Klasse lernt sie Klavier. Weil ihre Freundin Querflöte spielte, wollte sie dies auch. Die Lehrerin empfahl, erst einmal mit Blockflöte anzufangen. Das dritte Instrument begann sie in der fünften Klasse: Gitarre. "Ich will irgendwie auch Geige spielen", sagt Sophia, stützt ihr Gesicht in ihre Hände und muss selber lachen. Sie sagt: "Die Instrumente sind mein Hobby, Tanzen und Singen sind meine Hobbys, Nähen ist mein Hobby, wenn ich später den Führerschein mache, ist Autofahren mein Hobby. Das Leben ist mein Hobby."

Die Mutter fragt Sophie, ob sie mal eine Pause machen will. "Nein", sagt Sophia

Dass die Zehnjährige aus einer musikalischen Familie kommt, kann da nicht überraschen. Ihre Eltern haben beide Musiktheater studiert, haben auf Bühnen in Jekaterinburg gesungen und getanzt. Ein Jahr vor Sophias Geburt kamen sie als Russlanddeutsche erst ins Ruhrgebiet, dann nach Düsseldorf.

Seit acht Jahren hat Mutter Elena Dmitrieva ihren eigenen Friseursalon in Derendorf. Bildung ist ihr wichtig. Damit die Tochter das Görres-Gymnasium besuchen kann, ist die Familie von Garath in die Innenstadt gezogen. "Die Schule geht vor", sagt die Mutter und fragt Sophia angesichts ihres vollen Terminplans, ob sie nicht auch mal eine Pause machen will. "Nein", sagt Sophia, "das macht Spaß. Ich mag so ein volles Leben."

Und jetzt: Solo-Auftritt beim Dance World Cup

Dazu gehört eben auch die Teilnahme beim Dance World Cup, der in einem Monat in Offenburg stattfindet. 3000 junge Tänzer von vier bis 25 Jahren zeigen dort ihr Können. Für das Finale hat sich Sophia mit einem Solo-Auftritt mit Gesang und Tanz als Marilyn Monroe bei zwei Regionalwettbewerben qualifiziert und zusammen mit drei Freundinnen für einen weiteren Tanz.

So ein Solo-Auftritt ist schon sehr aufregend, weiß Sophia. Im vorigen Jahr hat sie das beim Finale des Welttanzwettbewerbs auf der Insel Jersey erlebt. Weil es ihr Geburtstag war, wurde ihr auf der Bühne öffentlich gratuliert. Sophia war so überrascht, dass sie komplett ihre Schritte vergessen hatte. "Ich habe dann etwas anderes getanzt", erzählt sie.

Damit ihr das nicht noch einmal passiert, hat sie vor dem nächsten Auftritt hinter der Bühne ihre Schritte gleich 20 Mal hintereinander geübt. Als sie später ein Video von ihrem Auftritt sah, stellte sie fest, dass es ein bisschen lustig aussah, wie sie während des Tanzes ihre Augen durch den Raum schweifen ließ. "Ich habe nach meinen Eltern im Saal gesucht", erzählt sie und imitiert sich selbst, wie sie eine anmutige Armbewegung macht und gleichzeitig mit den Augen die Umgebung abscannt.

Das wird nicht mehr passieren. Ihr Vater wird dieses Mal im Mittelgang die Kamera bedienen, die Mutter sitzt dann ganz vorne. Für das Ergebnis des Wettbewerbs ist sie offen: "Gewinnen will man eigentlich gerne. Wenn das nicht funktioniert, ist das auch nicht schlimm."

Als Mutter Elena sie einmal fragte, ob sie Ballerina werden wolle, war Sophia überrascht. "Ich bin doch schon eine. Wieso fragst du das?" Für ihren Beruf hat sie andere Vorstellungen. "Ich möchte gerne Chirurg werden, aber weiterhin singen und tanzen." Einen Körper aufzuschneiden, um etwas daraus zu holen, es zu reparieren, wieder hineinzutun und dann zuzunähen, kann sich Sophia gut vorstellen. Sie näht ja auch gerne. Zuletzt eine Tasche. "Aber ich will nicht Modedesignerin werden. Ich mag es, Menschen und Tieren zu helfen."

(RP)
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