Immobilienhändler beunruhigt Pächter Das Geschäft mit den Kleingärten

Düsseldorf · Ein Düsseldorfer Immobilienhändler kauft seit Monaten Schrebergärten. Obwohl er versichert, die "grünen Lungen" der Städte erhalten zu wollen, fühlen sich die Gartenpächter bedroht. Auch Politiker von SPD und CDU sehen das Geschäftsmodell mit einiger Skepsis.

Düsseldorf/Duisburg Der Schrebergarten in Duisburg-Marxloh, den Andreas Jagdfeld seit 15 Jahren von seinem ehemaligen Arbeitgeber Thyssen für etwa 100 Euro im Jahr gepachtet hat, ist für den 73-Jährigen ein Paradies. "Meine Frau und ich haben da praktisch Urlaub gemacht." Doch im Frühjahr bekam der Duisburger überraschende Post: Die Deutsche Gartenland GmbH bot ihm den Garten für 15 Euro pro Quadratmeter zum Kauf an. "Ich weiß gar nicht, wer das ist — die Deutsche Gartenland GmbH", sagt Andreas Jagdfeld.

Die Deutsche Gartenland GmbH, deren Geschäftsführender Gesellschafter der Düsseldorfer Immobilienkaufmann Niels Hardorp ist, will nach eigenen Angaben die wachsende Sehnsucht der Städter nach einem Stückchen eigenem Grün erfüllen, die Schrebergärten von den strengen Regeln der Kleingartenvereine befreien, sie mit mehr Komfort (Wasser und Strom) ausstatten und sie so für eine neue, jüngere Klientel attraktiv machen. Seit ihrer Gründung im Oktober 2007 hat die Gesellschaft bereits eine Reihe von Kleingartenanlagen vor allem von Industrieuntenehmen gekauft — unter anderem in Duisburg, Bochum, Bottrop, Essen. Insgesamt plane man derzeit 200.000 Quadratmeter Gärten von Kiel bis München. Nach eigenen Angaben bietet Niels Hardorp den Kleingärtnern ihre bislang gepachteten Flächen stets zu einem Preis von 15 Euro zum Kauf an.

In Duisburg-Marxloh, wo auch Andreas Jagdfeld seinen Garten hat, haben von zehn Pächtern fünf gekauft. Harry Watermeyer (56) hat sich ebenso wie Horst Kirsching zum Kauf entschlossen. Beide sind zufrieden. "15 Euro pro Quadratmeter sind sehr günstig", meint Horst Kirsching. Der Maschinenschlosser freut sich, dass die Deutsche Gartenland Wasser und Stromanschlüsse für 150 bis 250 Euro (je nach Anzahl der Anschlüsse) legen lassen will. "Das bedeutet eine Wertsteigerung und mehr Nutzungsmöglichkeiten", meint er.

Nicht bei jedem stößt Niels Hardorp mit seinen Projekten auf Begeisterung. Oft schlagen ihm Protest und Misstrauen entgegen. Einen "Ausverkauf" der Schrebergärten befürchtet Werner Heidemann vom Landesverband der Kleingärtner in Westfalen-Lippe. Die Hardorp-Projekte könnten nur ein Ziel haben: "Wie die so genannten Heuschrecken wollen die nur eine möglichst hohe Rendite erzielen." Der in der Landesverfassung verankerte Schutz der "Gärten des kleinen Mannes" bleibe dabei auf der Strecke. Peter Vossen vom Düsseldorfer Kleingarten-Verband vermutet: "Die versuchen, die Anlagen aus dem Gesetz herauszubringen und zu Geld zu machen." Erwin Eichholz vom Kleingarten-Verband in Duisburg ist sicher: "Die Pacht wird hochgehen." Denn mit dem festgeschriebenen, je nach Ort leicht schwankenden Betrag (21 Cent/Quadratmeter in Duisburg) könne man keinen Gewinn machen.

Auch der kleingartenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Reinhold Sendker, und seine SPD-Kollegin Cornelia Ruhkemper sehen die Hardorp-Projekte skeptisch. "Der will möglichst viel Profit machen und hat mit dem Bundeskleingartengesetz nichts am Hut", sagt die Sozialdemokratin. Aus dem Innenministerium heißt es: "Das Problem ist wohl, dass die Deutsche Gartenland nicht ganz transparent arbeitet. Die Kleingärtner fühlen sich bedroht."

Niels Hardorp reagiert darauf gelassen. Natürlich wolle er Gewinn erzielen. "Aber wir sind keine Heuschrecke", versichert er. In einer "Garantieerklärung", die auf Wunsch in das Grundbuch eingetragen werde, verspricht er: Alle Rechte der Pächter aus dem Bundeskleingartengesetz (Pachthöhe, Kündigungsschutz und anderes) werden genauestens beachtet.

Der Düsseldorfer hat Erklärungen für die Ablehnung seiner Projekte. Wenn alle Schrebergärten in Privatbesitz übergingen, würden die 15.200 Kleingartenvereine in Deutschland überflüssig. "Die fürchten um ihre Macht, ihre Existenz", meint Niels Hardorp. Auch die Haltung der Städte sei "verständlich". Den finanzschwachen Kommunen, denen etwa 95 Prozent der Schrebergärten gehören, brächten die Anlagen keine Gewinne, seien vielmehr eine Belastung. Verkaufen würden die Städte nur deshalb nicht, weil die Gärten eine "Bauland-Reserve" seien. Laut Bundeskleingartengesetz könnten die Kommunen Kleingärten zu Bauland umwandeln — wenn Bedarf und Käufer vorhanden seien. "Und das wird jede Stadt auch tun", meint Niels Hardorp. Schließlich habe es in Deutschland in den 80er Jahren mal 200 Millionen Quadratmeter Kleingärten gegeben. Heute seien es dagegen nur noch 43 Millionen — und täglich würden es weniger. Genau diese Entwicklung wolle er stoppen.

Andreas Jagdfeld hat nicht auf das Kaufangebot der Deutsche Gartenland GmbH reagiert — und seither nichts mehr vom neuen Besitzer seines Schrebergartens in Duisburg-Marxloh gehört. Nicht mal zur Zahlung einer Pacht ist er aufgefordert worden. Da der 73-Jährige den Garten sowieso aufgeben will, ist ihm das egal. "Eine ganz merkwürdige Geschichte ist das aber schon", sagt Andreas Jagdfeld.

(RP)
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