Düsseldorf "Das Feuer hat uns alles genommen"

Düsseldorf · Judith Nacke und Mike Neubauer sind im Sommer nach Portugal ausgewandert. Dort wollten sie sich ein neues Leben aufbauen.

 Das war einmal das Haus von Judith Nacke und Mike Neubauer. Außer Schutt und Asche ist nichts übrig.

Das war einmal das Haus von Judith Nacke und Mike Neubauer. Außer Schutt und Asche ist nichts übrig.

Foto: mike neubauer

Sie wollten Zucchini pflanzen und Auberginen, Wildkräuter und Salbei ernten, der schon auf dem Grundstück wuchs, das Judith Nacke und Mike Neubauer 2013 kauften. Ihr Traum war es, in Portugal ein neues Leben zu beginnen, auf einem Stück Land, das 50 Jahre sich selbst überlassen war. Alles haben sie aufgegeben dafür, Jahre ihren Umzug vorbereitet, vier Jahre für das neue Zuhause gespart.

Die Finanzen waren gut. Im Sommer dann verabschiedeten sie sich - von Freunden, der Familie, Mike Neubauer von seinem Job. Endlich wurde der Traum Wirklichkeit. "Wir haben gerade angefangen, uns zu Hause zu fühlen", sagt Judith Nacke. Jetzt liegt der Traum in Schutt und Asche, "das Feuer hat uns alles genommen".

So viele Tränen sind schon geflossen bei Judith Nacke, "ich kann inzwischen nicht mehr heulen", sagt sie. Gebrannt hat es den ganzen Sommer über in Portugal, mit Sorge blickte das Paar auf die Nachrichten in der Region. Aber die beiden hatten Glück, bis auf ein paar Rauchschwaden am Horizont haben sie wenig mitbekommen von den Flammen. Bis zum 15 Oktober, ein Sonntag ist das gewesen. Judith Nackes Eltern waren an diesem Wochenende zu Besuch, ein paar Büromöbel aus Deutschland wollten sie ihrer Tochter noch mitbringen. Gegen Mittag brach das Feuer aus, "aber es war weit weg", erzählt der 50-jährige Neubauer, der zu diesem Zeitpunkt glaubte, wie auch in den Wochen zuvor verschont zu bleiben. Nach dem Abendessen war das Feuer so nah, dass die Familie nach Álvaro floh, ein drei Kilometer entfernt gelgenes Dorf, in dem die beiden Auswanderer gerade erst zwei Häuser gekauft hatten. Ein paar Papiere haben Freund Mike Neubauer und seine Freundin Judith Nacke gegriffen, jeder eine Jacke.

Irgendwann kamen die Flammen über den Fluss Zêzere, die sich dann von drei Seiten Richtung Álvaro fraßen. "Wir mussten zusehen, wie unser Grundstück abbrannte", erzählt Nacke. Gegen 2.30 Uhr in der Nacht zu Montag, als nur noch eine Straße frei war, setzten sie sich ins Auto und fuhren davon, ließen alles zurück, was ihnen lieb war.

Zwei Häuser im Dorf - eins, das das Paar als Büro nutzen wollte, das andere, das zu einem Gästehaus umgebaut werden sollte - sind ausgebrannt. Das Haus auf ihrem Grundstück außerhalb, in dem Nacke und Neubauer lebten - weg. Bis auf die Papiere und die Jacken und die Autos ist alles unbrauchbar. "In mir sperrt es sich, aufzurechnen, was wir verloren haben", sagt Mike Neubauer, der trotzdem funktionieren muss. 200.000 Euro, schätzt er ganz grob, sind weg. Weil die Häuser noch nicht versichert waren, "das wollten wir gleich nach dem Kauf machen", sagt die 36-Jährige.

Judith Nacke und Mike Neubauer schlagen sich seit dem Brand durch. Mal übernachten sie im Auto, mal bei Freunden. "Nachts ist es besonders schlimm", sagt Nacke. Das Paar liegt wach, es weint, es ist obdachlos. "Wir brauchen alles", ergänzt Neubauer. Am meisten aber brauchen die beiden Geld. "Selbst wenn uns jemand Möbel oder Kleidung gibt, wüssten wir nicht, wohin damit", sagt Nacke. Eigentlich wollen sie nicht zurück nach Deutschland, eigentlich war ihre Entscheidung, auszuwandern, eine für die Ewigkeit.

Mehr als 520 Feuer wurden am 15. Oktober registriert. Viele davon sollen absichtlich gelegt worden sein, sagt Judith Nacke. Ende September hätte der Regen kommen sollen, so wie er in den vergangenen Jahren im September gekommen ist, dann wäre es besser geworden mit dem Feuer. Der Regen kam am 17. Oktober, zwei Tage nach dem Brand, "zwei Tage zu spät", sagt Judith Nacke.

(RP)
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