Haiyang Feng "Düsseldorf ist das Business-Zentrum"

Düsseldorf · Der chinesische Generalkonsul Haiyang Feng spricht über die Landeshauptstadt, das Miteinander der Kulturen und die TV-Serie "Derrick".

 Der chinesische Generalkonsul Haiyang Feng im Konsulat an der Schanzenstraße. Er ist seit zwei Jahren in Düsseldorf.

Der chinesische Generalkonsul Haiyang Feng im Konsulat an der Schanzenstraße. Er ist seit zwei Jahren in Düsseldorf.

Foto: hans-Jürgen bauer

Herr Feng, Sie sprechen perfekt deutsch. Wo haben Sie das gelernt?

Feng Danke für Ihr Lob. Es ermuntert mich, mein Deutsch ständig zu verbessern. Ich habe Germanistik in Shanghai studiert.

Wie kommt man als junger Mann in China zu einer solchen Wahl?

Der Anfang der 1980er Jahre war die Anfangsperiode der Reform und Öffnung Chinas. Als junger Mensch träumt man davon, die Welt kennenzulernen. Deutschland ist ein faszinierendes Land für mich, und die Mentalität der Deutschen mit ihrem Fleiß, ihrer Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit war mir auch damals schon bekannt. Dass ich Deutsch kann und das Land gut kenne, begünstigt jedoch vor allem meine diplomatische Tätigkeit. Denn selbstverständlich soll ein Diplomat zwar die Interessen seines Landes in dem akkreditierten Staat gut vertreten. Aber das genügt nicht. Ein Diplomat soll vielmehr als Brückenbauer fleißig und geschickt eine Win-win-Situation schaffen. Je höher ein Diplomat die Geschichte, die Philosophie, die Kultur und die Mentalität des akkreditierten Staates sowie dessen Volk schätzt, desto mehr positive Kraft und Emotion zieht er für seine Aufgabe daraus.

Lesen Sie auch deutsche Zeitungen oder Bücher?

Feng Ich habe im Studium deutsche Philosophen und Dichter kennengelernt. Heine ist beispielsweise in China sehr bekannt und ich habe gestaunt, wie schön man seine Verse ins Chinesische übersetzen kann. In meiner Zeit im Außenministerium habe ich als Hobby deutsche Fernsehserien für das chinesische Fernsehen übersetzt, für die Synchronisation, "Derrick" etwa oder "Ich heirate eine Familie". Auch so etwas gehört dazu, wenn man die Mentalität eines Volkes kennenlernen will. Heute bin ich treuer Leser Ihrer geschätzten Zeitung. Täglich am Morgen surfe ich zudem im Internet und lese chinesische und deutsche Medien. Leider habe ich nicht mehr so viel Zeit für deutsche Bücher.

In dieser Woche finden der China-Kongress der RP und das China-Fest statt: Welche Rolle hat Düsseldorf für chinesische Unternehmen heute?

feng Solche Veranstaltungen lancieren immer effiziente Plattformen für das gegenseitige Kernenlernen und Verständnis zwischen China und Nordrhein-Westfalen. Sie tragen auch dazu bei, die Freundschaft zwischen unseren Völkern zu vertiefen. Wir wissen, dass Düsseldorf als das erfolgreiche Business-Zentrum im Herzen Europas gilt. Zurzeit ist Düsseldorf Sitz vieler chinesischen Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleitungen. Das Geschäft in Deutschland und Westeuropa einiger namhaften chinesischer Konzerne wie Huawei und ZTE wird aus Düsseldorf geleitet.

Düsseldorf gilt als deutsche China-Stadt Nummer 1. Ist das so?

Feng Düsseldorf ist sicherlich eine der bedeutendsten China-Städte in Deutschland. Gemäß der deutschen Statistik haben sich mehr als 900 chinesische Unternehmen und Firmen in NRW niedergelassen. Das sind ungefähr 50 Prozent der chinesischen Unternehmen in Deutschland. Davon ist ungefähr die Hälfte in Düsseldorf ansässig.

Worin liegen die Hauptgründe für diesen Bedeutungszuwachs?

Feng Es liegt nicht nur daran, dass diese Rheinmetropole kulturell und wirtschaftlich so unendlich viel zu bieten hat, damit eine große Anziehungskraft besitzt und zudem die Menschen hier so konsequent für eine aufrichtige Weltoffenheit und Willkommenskultur stehen. Es liegt viel daran, dass dank der gemeinsamen Bemühungen die Beziehungen zwischen China und Düsseldorf in den letzten Jahren eine beschleunigte Entwicklung erfahren haben. An dieser Stelle möchte ich auf die Aktivität der Wirtschaftsförderung Düsseldorf und des China-Kompetenzzentrums Düsseldorf hinweisen, die wir sehr zu schätzen wissen.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung ein?

feng In China sagt man: "Das Wasser fließt nach unten, der Mensch strebt nach oben." So richten sich die Füße der Unternehmer immer gezielt nach dem besten Standort. Düsseldorf zeichnet sich durch eine Reihe von Standortvorteilen für Industrieunternehmen aus und ist eines der bedeutendsten deutschen Handels- und Messezentren. In Düsseldorf findet sich ein einzigartiges Cluster aus Mobilfunkunternehmen, innovativen Start-ups und modernster Industrieproduktion. Die wichtigsten chinesischen Mobilfunk-Betreiber und Netzwerkausrüster wie Huawei und ZTE, die die Software und Hardware für das zukünftige "Internet der Dinge" entwickeln, haben hier einen großen Spielraum. Kurz gesagt, der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen China und Düsseldorf verfügen über eine solide Basis, hervorragende Bedingungen und eine breite Perspektive.

Es ist aktuell viel von der abgebremsten Konjunktur der chinesischen Wirtschaft die Rede. Spürt man auch bei den chinesischen Firmen in NRW etwas davon?

Feng Darüber sprechen die Unternehmen auch hier. Chinas Wirtschaft ist mit einem relativ großem Abwärtsdruck konfrontiert. Hintergrund ist die Neuausrichtung der Wirtschaft weg vom Export, von die Umwelt schwer belastenden Industrieproduktionen und schuldenfinanzierten Investitionen hin zu einer stärkeren Binnennachfrage, zu Innovationen und Dienstleistungen. Das Ziel ist, Qualität und Effizienz des Wirtschaftswachstums zu steigern. Es lag im ersten Halbjahr 2016 bei 6,7 Prozent. China ist ein Entwicklungsland, im Vergleich zu den Industrieländern besteht noch eine große Entwicklungsdifferenz. Das Land befindet sich noch immer in einer Phase, in der das Potenzial für weiteres Wachstum neue Chancen schafft.

Derzeit gehen die chinesischen Konzerne international auf Einkaufstour. Wie passt das zur angestrebten wachsenden Binnennachfrage?

feng Aktuell erfordert die Transformation bei der Internationalisierungsstrategie Chinas einen Wandel von der Internationalisierung der Waren hin zu einer Internationalisierung der Unternehmen, von "Made in China" zu "Intellectually made in China". Das ermutigt die chinesischen Unternehmen ausdrücklich, im Ausland zu investieren. Die Devisenreserven Chinas bringen viel Auswahl für Investitionen im Ausland.

Welche Rolle spielt Deutschland?

feng Der vom chinesischen Handelsministerium veröffentlichte "Investitionsführer Deutschland" rühmt den hohen Maßstab der deutschen Qualität und die Handelsmarken der Branchen in Deutschland. Die Praxis zeigt, dass bei Greenfield-Investitionsprojekten in Europa kein Land mehr bei chinesischen Firmen gefragt ist als Deutschland. Nordrhein-Westfalen erhält besonders Zuspruch von chinesischen Unternehmen, die in Deutschland investieren und Handel treiben wollen. Laut NRW-Invest kamen allein 2016 bereits mehr als 60 neue Investitionsprojekte aus China in das Land NRW.

Die Einrichtung eines chinesischen Generalkonsulats in Düsseldorf stand lange auf der Wunschliste. Welche Leistungen werden besonders nachgefragt?

feng Pässe, Beglaubigungen, Legalisationen sowie andere konsularische Dienstleistungen sind für die 40.000 Chinesen, die in NRW leben, wichtig. Aber wir sind auch Ansprechpartner für deutsche Unternehmen und Personen, die geschäftliche und persönliche Dinge mit China zu regeln haben. Das Generalkonsulat bemüht sich, obgleich es sich noch im Aufbau befindet, ein umfangreiches Leistungsspektrum abzuwickeln.

Für Deutsche, die nach China reisen wollen, kommt das Visum aus Frankfurt. Wann kommt es aus Düsseldorf?

feng Wir arbeiten daran, es ist unser Ziel, diese Dienstleistung anzubieten.

Was berichten Chinesen über das Leben in Düsseldorf?

feng Zuallererst, dass es eine schöne Stadt ist. Klein, aber fein, kompakt, die Zehn-Minuten-Stadt mit viel Grün und zum Wohlfühlen. Touristen und Messebesuchern aus China gefällt die Internationalität der Königsallee mit den guten Shoppingmöglichkeiten, und über die eindrucksvolle Altstadt und ihre Atmosphäre wird gestaunt.

Sie sind in Düsseldorfs Partnerstadt Chongqing geboren, eine Zwölf-Millionen-Metropole. Wie sah die Stadt in Ihrer Kindheit aus?

feng Viel kleiner, viel ländlicher. Es hat in den sechziger Jahren, als ich Kind war, sehr an Wohnraum gemangelt. Nicht selten wohnte eine große Familie in einer ziemlich kleinen Wohnung. Deswegen ist es auch verständlich, dass in der Stadt so viele Hochhäuser entstanden sind. Heute ist es das Ziel, eine auskömmlich große Wohnung in einer gesunden und harmonischen Umwelt zu haben. Das ist der nächste logische Schritt der Entwicklung.

DAS INTERVIEW FÜHRTE UWE-JENS RUHNAU.

(RP)
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