Düsseldorf CDU-Chef Jarzombek und der Ehestreit

Düsseldorf · Der Vorsitzende der Düsseldorfer Christdemokraten hat gegen die Ehe für alle gestimmt und mit seinen Facebook-Beiträgen eine heftige Diskussion ausgelöst.

 Thomas Jarzombek, Chef der Düsseldorfer CDU, hat deswegen im Bundestag gegen die "Ehe für alle" gestimmt.

Thomas Jarzombek, Chef der Düsseldorfer CDU, hat deswegen im Bundestag gegen die "Ehe für alle" gestimmt.

Foto: Endermann Andreas

Thomas Jarzombek tut sich schwer. Am Ende des Gesprächs mit unserer Redaktion sagt er Freitagabend: "Ich bin für die vollständige rechtliche Gleichstellung, auch was Adoptionen angeht. Wenn die gleichgeschlechtlichen Ehen nicht Ehen heißen würden, hätte ich für das neue Gesetz gestimmt."

Das tun sie nicht. Ehe für alle bedeutet, die Ehe zu öffnen. Jarzombek, Chef der Düsseldorfer CDU, hat deswegen im Bundestag mit Nein votiert. Ebenso stimmte die Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel ab. Auch ihr Parteifreund Mathias Höschel, der Kieferorthopäde aus der Landeshauptstadt, der für den Wuppertaler Wahlkreis I im Bundesparlament sitzt, lehnte das Gesetz ab.

Jarzombek steht besonders in der Kritik. Er hatte im sozialen Netzwerk Facebook seine Meinung kundgetan und sie Freitag dort erneuert. Das hatte er geschrieben: "Ich habe mich immer gegen die Diskriminierung von Homosexuellen eingesetzt und habe hier eine sehr liberale Haltung. Aber Ehe ist für mich die Verbindung von Mann und Frau. Dinge, die nicht gleich sind, sollen auch nicht gleich heißen. Ich werde auf keinen Fall für einen Gesetzentwurf stimmen, der die Ehe für andere Verbindungen öffnet."

Am Freitag hatte der Politiker eine "persönliche Erklärung", die im Rahmen der Abstimmung in Berlin auch ins Protokoll aufgenommen wird, nachgeschoben.

Er äußerte seine Wertschätzung für gleichgeschlechtliche Paare, weil dort Menschen Verantwortung füreinander übernähmen. Aber er schränkte ein: "Eine Ehe ist für mich und viele Menschen, mit denen ich in letzter Zeit gesprochen habe, eine Gemeinschaft von Mann und Frau und darauf angelegt, Kinder zu zeugen." Auch die Beziehung alter Menschen, die durch Heirat füreinander sorgen wollten, sei für ihn keine Ehe. Jarzombek hat wegen der in seinen Augen zu kurzen Beratungszeit von drei Tagen das Verfahren als unwürdig empfunden. "Wir konnten nichts mehr prüfen, keinen gründlichen Rat einholen oder Stimmungen aufnehmen."

Hunderte Kommentatoren hielten dagegen. Er sei noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen, hieß es mehrfach. Mehrere Teilnehmer der Debatte kündigten an, Jarzombek beziehungsweise die CDU nicht wählen zu wollen. Auch fragten Menschen, ob heterosexuelle Paare, die keine Kinder haben könnten oder wollten, in seinen Augen keine Ehe führen dürften. Auf diesen Einwand reagiert Jarzombek nahezu überrascht, die Schlussfolgerung geht ihm zu weit. Die Rechte dieser Menschen würde er nicht einschränken wollen, sagt er. "Ich möchte niemanden diskriminieren."

Was aber mindestens bleibt, ist ein sachlicher und emotionaler Dissens, das zeigen der gestrige Beitrag und die Reaktionen darauf. Während die Jarzombek-Kritiker die Ehe in erster Linie mit Liebe und der möglichst langen Solidarität der Menschen miteinander gleichsetzen, ist für ihn selbst, den Vater eines Kleinkindes, der "wesentliche Grund" der Ehe die Zeugung des Nachwuchses. "Das ist doch auch in den meisten Fällen so", sagt er.

Die Kluft ist nicht zu überwinden. Und Jarzombek fühlt sich nicht allein. Hunderte Facebook-Beiträge haben für ihn keinen Alleinvertretungsanspruch. "Das Netzwerk wird ja genutzt, um Stimmung zu machen oder zu testen." Da müsse er die Befürworter des neuen Gesetzes auch loben, sie hätten erstklassig in den sozialen Medien mobilisiert. Die meisten Kritiker seien auch keine Menschen aus der Landeshauptstadt oder der Region. Und gleichzeitig habe er 800 E-Mails erhalten. "Die meisten Schreiber haben mich aufgefordert, gegen das Gesetz zu stimmen."

70 bis 80 Prozent der Gesellschaft, so betonten dagegen die Befürworter wiederholt, seien für die Ehe für alle. Entsprechend wurde gestern gefeiert. Um 18 Uhr kamen Vertreter von SPD, FDP, Linken und Piratenpartei sowie der Gruppen CSD, Transberatung, Puls, Düsseldorf ist bunt und SPDqueer auf dem Schadowplatz zusammen. Andreas Mauska, Präsident der KG Regenbogen, verteilte eifrig Luftballons. Die Freude war ihm ins Gesicht geschrieben. "Ich werde, sobald es möglich ist, aus der Verpartnerung eine Ehe machen. Den Antrag stelle ich."

(ujr)
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