Nach Razzia gegen Nordafrikaner Bürger sorgen sich um Sicherheit in Oberbilk

Düsseldorf · Nach der Polizei-Razzia im Viertel "Klein-Marokko" gegen nordafrikanische Kriminelle machen sich viele Bürger Sorgen um ihre Sicherheit. Ein Netzwerk von Polizei, Anwohnern und Ordnungsamt könnte die Situation entschärfen.

Düsseldorf: Großrazzia im "Maghreb-Viertel"
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2016: Großrazzia im Düsseldorfer "Maghreb-Viertel"

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Foto: Gerhard Berger

Andrea Abbing ist eine der ersten Oberbilker, die ihrem Ärger am Donnerstagabend Luft macht. "Auf dem Lessingplatz wird offen gedealt, während Kinder spielen", kritisiert sie. Abbing kennt den Platz sehr gut, wohnt dort schon seit einigen Jahren. Und auch ihr Kunst- und Kulturverein "Königinnen und Helden", mit dem sie die Integration von Kindern und Jugendlichen mit vor allem ausländischen Wurzeln im Stadtteil fördert, ist dort beheimatet. "Da muss endlich etwas passieren", sagte sie gestern Abend beim Bürgerforum "Wie sicher fühlen Sie sich in Ihrer Nachbarschaft?", zu dem die Stadtteil-Politiker eingeladen hatten.

Im Zuge der bundesweit beachteten Polizei-Razzia gegen vornehmlich nordafrikanische Kriminelle in dem Oberbilker Viertel, das viele Menschen als "Klein-Marokko" kennen, hatten die Politiker der Bezirksvertretung 3, die auch für Stadtteile wie Unterbilk, Hamm oder Friedrichstadt zuständig sind, für gestern Abend zu einem Austausch geladen. Überschrieben war es mit "Wie sicher fühlen Sie sich in Ihrer Nachbarschaft?"

 Der Kölner Professor Herbert Schubert sagte, dass nicht allein die Polizei für eine sichere und auch funktionierende Nachbarschaft sorgen könne.

Der Kölner Professor Herbert Schubert sagte, dass nicht allein die Polizei für eine sichere und auch funktionierende Nachbarschaft sorgen könne.

Foto: Endermann

Am Beispiel Lessingplatz wurde deutlich, wie unterschiedlich die Eindrücke und auch Erfahrungen vor Ort sein können. So sagte Nina Berding, die sich seit gut 16 Monaten für ihre Doktorarbeit wissenschaftlich mit Oberbilk und insbesondere mit dem Lessingplatz beschäftigt und viele Interviews mit Ortsansässigen geführt hat, dass es vor Ort vor allem ein "Nebeneinanderher" gebe, und der Platz nicht allgemein als Gefahrenraum wahrgenommen werde.

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"Sicherheit hat viele Dimensionen", sagte Herbert Schubert. Der Kölner Professor beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Sozialraum in Stadtteilen und Quartieren und eben auch mit der Frage, wann und wo Menschen sich unsicher fühlen, und was man tun kann, um angstbesetzte Situationen und Orte zu entschärfen. Die Polizei allein könne nicht für eine sichere und funktionierende Nachbarschaft sorgen, sagte er. Wichtig sei es zum Beispiel, Kooperationen zu schließen und Netzwerke zu knüpfen. Denkbar sei eine Zusammenarbeit von Polizei, Ordnungsamt, Vermietern, Anwohnern und Ladenbesitzern. "Alle müssen Verantwortung übernehmen", sagte Herbert Schubert. Nur dann könne ein vertrauensvolles und sicheres Umfeld geschaffen werden.

So sollten etwa Geschäftsbesitzer "nicht nur ihre Werbeschilder rausstellen, sondern auch Verantwortung übernehmen", wenn sich zum Beispiel vor der Ladentür etwas Beunruhigendes abspielt. Eine Studentin bezweifelte allerdings, dass ein Ladenbesitzer in solch einer Situation viel mehr tun würde, als die Polizei anzurufen. "Das wäre schon viel mehr als wegzusehen und nichts zu tun", sagte Schubert.

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Foto: AP, AP

Bald haben die Oberbilker wieder Gelegenheit, sich über ihren Stadtteil auszutauschen und das sogar mit dem Oberbürgermeister. Im Zuge der "OB-Dialoge" wird er am 30. März ab 18.30 Uhr in der Volkshochschule am Bertha-von-Suttner-Platz mit Bewohnern über ihre Sorgen und Wünsche sprechen.

(semi)
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