"Twittwoch" Blogger treffen sich in der Tonhalle

Düsseldorf · Dass Igor Levit in einem Konzerthaus zum Exoten wird, damit hätte er nie gerechnet. Denn Levit ist Pianist, einer der talentiertesten, und damit eigentlich genau richtig in der Tonhalle. Am Mittwochabend aber stand der vierte Düsseldorfer "Twittwoch" auf dem Spielplan, Igor Levits Problem: Er hat keinen Twitter-Account. Willkommen war er dennoch.

 Daniel Fiene (re.), Herr Pähler und Anna Frost.

Daniel Fiene (re.), Herr Pähler und Anna Frost.

Foto: Andreas Endermann

"Eine reale Versammlung von Menschen, die sich bis zu einem gewissen Zeitpunkt nur digital kannten", versucht Veranstalter André Paetzel den "Twittwoch" in weniger als 140 Zeichen auf den Punkt zu bringen.

140 Zeichen, das ist die Schallmauer für viele der Besucher — dass sie überhaupt physisch anwesend sind, die Besonderheit. Denn fast jeder, der in der Rotunde des Tonhallen-Foyers Platz genommen hat, twittert: Er ist Teil des Netzwerk-Giganten Twitter, einem Mikroblog, mit dem Nutzer in bis zu 140 Zeichen Nachrichten in die Welt setzen oder die anderer verfolgen können. Dass sich die Anwender auch im echten Leben über den Weg laufen — eher ungewöhnlich.

Genauso ungewöhnlich wie die Szene, die sich in der Rotunde abspielt: Während die Mode-Bloggerin Anna Frost von den Vorzügen der digitalen Welt schwärmt, sitzt ein Teil ihrer Zuhörer immer noch vor dem Bildschirm. Mit entsprechenden Geräten ausgestattet, hat es sich das Publikum im Halbkreis um die Talkrunde in der Mitte bequem gemacht.

150 Gäste konnten die Veranstalter anlocken, vom Datenstrom weg trotzdem nicht. "t_krischak" ist da, "franziskript" auch. Glaubt man den Twitter-Nachrichten, die sie vor, während und nach der Veranstaltung im Internet versenden — und die auch in der Tonhalle sichtbar sind. Alle Nachrichten, die im Zusammenhang mit dem Twitter-Treffen stehen, werden sofort auf eine Leinwand projiziert. "Sitze hinter @hobbes und @derwebarchitekt", lässt "queenofwhatever" wissen.

Für viele ist Twitter einfach ein Nachrichten-Filter. "Es war sehr erfrischend in der Runde Mal was anderes gehört zu haben", lobt Zuhörerin Tanya Brani. Das twittert sie auch: "Für jeden etwas dabei heute" — einen Schnappschuss von Jungpianist Igor Levit gibt es gleich dazu. Er sei, was soziale Netzwerke angeht, skeptisch, sagt Levit. Umso sicherer gibt er dafür eine Probe seines Könnens, ganz analog. Für einen Moment reißt es die Netzwerker von den Tastaturen, wenn auch nur kurz. Dann meldet sich "queenofwhatever" zurück: "Ich wusste gar nicht, dass Klaviermusik sooo schön sein kann."

(RP)
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