Roland Kettler "Betrieb eines Freibads ist unplanbar"

Düsseldorf · Der Geschäftsführer der Bädergesellschaft spricht über die besucherschwache Freibadsaison sowie die Pläne für die neuen Häuser in Flingern und Oberkassel.

 Roland Kettler im Düsselstrand: "Wir stehen bereit für Deutsche Schwimmmeisterschaften."

Roland Kettler im Düsselstrand: "Wir stehen bereit für Deutsche Schwimmmeisterschaften."

Foto: Andreas Bretz

Lassen Sie uns mit einem Gedankenspiel beginnen: Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Freund zuletzt am Anfang des Jahres gesprochen. Er meldet sich nun per SMS bei Ihnen und fragt Sie, wie es Ihnen geht. Wenn Sie mit einem Emoji antworten würden, welches Gesicht würden Sie nehmen?

Roland Kettler Gibt es eines mit einem lachenden und weinenden Auge? (sucht im Smartphone mit dem Finger durch die vielen Gesichter, die zur Auswahl stehen) Das hier wäre doch gut. Hat einen Schweißtropfen auf der Stirn, etwas müde Augen, aber lächelt noch verschmitzt.

Warum haben Sie sich für dieses Gesicht entschieden?

Kettler Weil es das Wort Langeweile in meinem Beruf nicht gibt. Als ich 1993 aus der Industrie in den Öffentlichen Dienst gegangen bin und in einem Sportamt für Schwimmbäder zuständig war, habe ich gedacht, ich hätte dann mehr Zeit für die Familie. Und heute habe ich eine Intensität, die ich mir noch 2010 nicht vorstellen konnte. Inzwischen fragt meine Frau nicht mehr, wann es denn mal besser wird.

Das lag in diesem Jahr sicher auch daran, dass die Freibäder ein Dauerthema waren: neue Eintrittspreise, neue Öffnungszeiten, die Schließung zweier Bäder im schönen Spätsommer. Was haben Sie aus dieser Saison gelernt?

Kettler Zunächst einmal hat sich eine alte Weisheit bewahrheitet: Planung ist der Irrtum von gestern. Der Betrieb eines Freibads ist völlig unplanbar.

Und was folgt daraus mit Blick auf die nächsten Jahre?

Kettler Seit 21 Jahren zeichnen wir die Besucherzahlen der Freibäder auf. Das Jahr 2016 liegt in dieser Rangliste auf Platz 17, dahinter kommen eigentlich nur noch Jahre, in denen ein Freibad geschlossen war. Es war eines der besucherschwächsten Jahre überhaupt, wir haben deshalb im Bäderbeirat gesagt, dass wir künftig nicht mehr mit 300.000 Besuchern kalkulieren, sondern mit 250.000. Dann ist die Erlösseite unserer Planung realistischer.

Das ist gut für die Politiker, bedeutet aber noch nichts für die Bürger, die sich in diesem Jahr über die Öffnungszeiten geärgert haben. Was können Sie für die tun?

Kettler Viele stellen sich einen Freibadbetrieb so einfach vor: Man lässt irgendwann das Wasser rein, irgendwann wieder raus, und wenn mal keiner kommt, ist das auch nicht schlimm. Tatsächlich ist es anders: Wenn ein Freibad einmal startet, muss es laufen, bis wir wieder schließen. Außerdem wird unser Personal nach Tarif bezahlt. Das heißt, obwohl wir den Einsatz schon sehr flexibel angehen, haben und benötigen wir drei Tage Vorlauf für die Personalplanung.

Aber Sie könnten doch zumindest die Zeiten im Jahr von April bis mindestens Mitte September verlängern?

Kettler Ich muss es noch einmal sagen: Es gibt kein Muster für den Sommer, es gibt auch nicht den typischen warmen Monat. Das ist absolut unplanbar. Lottospielen ist einfacher als ein Freibad zu betreiben. Wenn ein Jahr dann schon schlecht läuft wie dieses, sollte man nicht noch mehr Geld ausgeben. Wir überlegen aber, ob man die Becken tatsächlich die ganze Zeit beheizen muss oder zum Beispiel eine späte Phase mit Becken in der Verlängerung anbietet, die nicht mehr von der Gasheizung erwärmt werden.

Es gab in diesem Jahr ein Hundeschwimmen im Löricker Freibad und einen Trödelmarkt im Benrather Freibad. Warum bieten Sie solche Events statt eines weitergeöffneten Freibads an?

Kettler Wir haben diese Events für die Zeit nach der Saison geplant. Wir können damit nicht noch weiter nach hinten gehen, weil die sanitären Anlagen in den Bädern ja noch in Betrieb sein müssen und wir zugleich gut vier Wochen benötigen, um ein Bad für den Winterschlaf vorzubereiten.

Wie sieht die Event-Planung fürs nächste Jahr aus?

Kettler Wir haben das Hundeschwimmen in diesem Jahr ausprobiert. Es ist sehr gut gelaufen, deshalb sprechen wir jetzt mit allen Beteiligten, ob daraus eine Wiederholung wird.

Welche neuen Events könnten hinzukommen?

Kettler Es gibt ja schon Ganzjahres-Nutzungen, die sich rund um die Bäder ergeben haben, wie das Café del Sol oder das Sonnendeck in Lörick. Es gibt im Moment keine Anfragen, aber ehrlicher Weise auch kaum noch Spielräume, weil die Betriebe schon das ganze Jahr gut unter Feuer sind.

Das Freibad "Flossen weg", das von einem Verein in Kaiserswerth betrieben wird, macht keine Negativ-Schlagzeilen. Es ist lange geöffnet und alles läuft. Wieso funktioniert es dort, aber bei Ihnen nicht?

Kettler Ich möchte hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, wir haben hier schon sehr unterschiedliche Größenordnungen und Gästezahlen.

Dann anders gefragt: Was können Sie von Kaiserswerth lernen?

Kettler Ich finde gut, dass es das gibt. Der Verein dort hat einen Kern, der das Bad zur Herzenssache gemacht hat. Eine solche Vereinsseele können Sie aber nicht auf einen großen Betrieb für die Masse übertragen.

Wenden wir uns den Hallenbädern zu: Wie geht es in Flingern weiter?

Kettler Der Stadtrat hat uns für Flingern zwei Aufgaben gestellt. Wir sollen dort weiterhin ein Freibad ermöglichen, müssen also sanieren, und wir sollen mit Blick auf die steigenden Schülerzahlen ein Hallenbad-Angebot für die Schwimmausbildung der Schüler schaffen. Ich gehe davon aus, dass wir noch vor der Haushaltsverabschiedung die Pläne und Zahlen im November präsentieren können.

Wie ginge es dann weiter?

Kettler Unser Plan sieht vor, dass das Bad 2017 und 2018 geschlossen ist. Dort, wo heute die Technik steht, soll das Hallenbad hinkommen, deshalb ist in den beiden Jahren kein Freibad möglich. Ziel ist es, dass 2019 alles in Betrieb geht.

Ist das noch realistisch?

Kettler Ja.

Wie kommen Sie parallel dazu mit dem Bau des neuen Hallenbades in Oberkassel voran?

Kettler Bis zum 26. September läuft noch der Teilnahmewettbewerb für die Generalplanung. Ich gehe davon aus, dass wir Ende 2016/Anfang 2017 den Planer gefunden haben, im Laufe des Jahres 2017 die Pläne stehen und 2019 fertig sind.

Das große neue Becken im Rheinbad ist im Moment wegen Gewährleistungsarbeiten geschlossen. Wie hätten Sie im Nachhinein die Eröffnung geplant, wenn Sie das geahnt hätten?

Kettler Genauso. Dass auf Baustellen Dinge mit Nachwirkung auftreten, ist normal. Man wünscht es sich nicht, aber es passiert eben. Im Ergebnis haben wir dann ein noch sichereres und noch hygienischeres Becken.

Wann geht es wieder in Betrieb?

Kettler Wir haben uns darauf eingestellt, dass wir nach den Herbstferien wieder die geplante Belegung haben.

Wie haben die Probleme die Aussichten beeinflusst, dass in Düsseldorf Deutsche Schwimmmeisterschaften ausgetragen werden?

Kettler Gar nicht. Die Gespräche laufen, der Schwimmverband NRW freut sich, dass es hier ein so multifunktionales Becken gibt. Jetzt kommt es darauf an, wie sich der Deutsche Schwimmverband und die Akteure im Düsseldorfer Sport entscheiden. Wir stehen bereit.

Was gibt es noch, dass nächstes Jahr passieren könnte, dass Ihnen noch nicht widerfahren ist?

Ketller In diesem Beruf ist kein Tag wie der andere. Sie können gar nicht so sehr um die Ecke denken, wie sie es in der Wirklichkeit erleben. Das ist ja das Schöne.

CHRISTIAN HERRENDORF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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