Düsseldorf Babylotsen helfen Flüchtlingsfamilien

Düsseldorf · Viele Asylbewerber wissen nichts über das deutsche Gesundheitssystem, etwa die turnusmäßigen Untersuchungen für Kinder. Ehrenamtliche Helferinnen begleiten sie, helfen mit Formularen und sind bei Fragen ansprechbar.

 Gabriela Kralevska mit Sohn Alex, Koordinatorin Sabine Roß und die Babylotsin Zorica Spasevska (v.l.) im Stadtteilladen in Flingern.

Gabriela Kralevska mit Sohn Alex, Koordinatorin Sabine Roß und die Babylotsin Zorica Spasevska (v.l.) im Stadtteilladen in Flingern.

Foto: Hans-jürgen bauer

Alexander ist noch ein bisschen müde. Als der viereinhalb Monate alte Säugling allerdings das bunte Spielzeug der Krabbelgruppe im Stadtteilladen Flingern entdeckt, ist er plötzlich hellwach. Begeistert liegt er auf einem Kissen und spielt mit einem kleinen Stofffrosch. Beruhigt wendet sich seine Mutter Gabriela Kralevska (41) ihrer Babylotsin Zorica Spasevska (45) zu. Die Alleinerziehende findet nun ein wenig Zeit, um mit der Patin über die anstehende, turnusgemäße Untersuchung ihres Kindes sprechen zu können. Denn davon, dass es in Deutschland derartige Untersuchungen gibt, wusste sie zunächst nichts. Erst Spasevska erläuterte der vor rund zwei Jahren aus Mazedonien Geflohenen eingehend das Kinder-Untersuchungsheft, das die regelmäßig vorgeschriebenen Arztbesuche mit ihrem Sohn Alexander regelt.

"Es sind die grundlegenden Basiskenntnisse, die unsere Babylotsinnen und Flüchtlingspatinnen neu angekommenen Müttern und Familien erläutern", beschreibt Sabine Roß (43) die Tätigkeit der Ehrenamtler. Roß koordiniert bei der Diakonie Düsseldorf den Einsatz der engagierten Frauen. Mit einem Team von 18 Personen werden derzeit mehr als 40 Familien oder Alleinerziehende im Stadtteil Flingern betreut. Das Angebot ist niedrigschwellig, eine Inanspruchnahme der Unterstützung unbürokratisch. Rund die Hälfte von ihnen nimmt die sogenannte "frühe Hilfe" in Anspruch, eine Unterstützung, die, in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, Eltern insbesondere auf bevorstehende Geburten oder die ersten Monate mit einem Kleinkind vorbereitet. Dazu zählen außer den detaillierten Erläuterungen des deutschen Gesundheitssystems auch Hilfestellungen beim Ausfüllen von Formularen, um auch bürokratische Hürden, etwa bei der Suche nach einem Kindergartenplatz, überwinden zu können.

Damit auch ein Abrutschen in die drohende soziale Isolation verhindert wird, zählen aber auch die aktive Vermittlung in Krabbel- und Spielgruppen, der gemeinsame Besuch von Elterncafés oder ein Kennenlernen der benachbarten Spielplätze zu den Aufgaben der Babylotsinnen, Flüchtlingspatinnen und Stadtteilmütter. "Um frühzeitig soziale Kontakte aufbauen und pflegen zu können, ist es wichtig, sich sicher und selbstständig im eigenen Stadtteil bewegen zu können", sagt Roß.

Die Lotsinnen besitzen allesamt eigene Migrationserfahrungen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Betreuung geflüchteter Menschen. Denn die wegweisende und oftmals prophylaktische Hilfe setzt nicht nur muttersprachlich an - das Team leistet derzeit in mehr als zehn Fremdsprachen Unterstützung -, sondern erfasst aus eigener Erfahrung umgehend auch die Bedürfnisse der neu angekommenen Menschen. "Weil ich damals nach meiner Ankunft auf mich allein gestellt, und mit der Situation überfordert war, bin ich sehr froh, den Menschen heute wichtige und relevante Hinweise anbieten zu können", sagt Spasevska, die seit rund zwanzig Jahren in Deutschland lebt und von der Diakonie vor der Aufnahme ihrer Hilfstätigkeit eingehend geschult wurde. Lehrinhalte der Schulungen sind außer fundierten Erläuterungen des deutschen Bildungs- und Gesundheitssystems insbesondere Fragen des Schutzes für die Kinder.

Auch ein professioneller Umgang mit Nähe und Distanz zu den Betreuten gehört zu der Ausbildung. "Die Betreuung der Mütter und Familien stellt eine hohe Vertrauensarbeit dar", sagt Roß, "einige Patinnen begleiten Familien viele Jahre lang." Eine gute persönliche Beziehung ist daher der Grundstock für einen erfolgreichen Start.

(RP)
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