Düsseldorf Arag-Chef bei längstem Prozess der Stadt

Düsseldorf · Seit mehr als 30 Jahren gibt es einen Erbstreit zwischen Unternehmenschef Paul-Otto Faßbender und seiner Schwester Petra. Jetzt haben deren Anwälte angekündigt, auch das Testament der verstorbenen Mutter anzufechten.

 Arag-Chef Paul-Otto Faßbender betritt durch eine der Sicherheitsschleusen das Gerichtsgebäude am Oberbilker Markt.

Arag-Chef Paul-Otto Faßbender betritt durch eine der Sicherheitsschleusen das Gerichtsgebäude am Oberbilker Markt.

Foto: (2): Wuk

Der jahrzehntelange Erbstreit zwischen zwei Kindern des Arag-Gründers Walter Faßbender wird frühestens nach 34 Jahren abgeschlossen sein. Das wurde gestern im Landgericht bekannt. Schon seit 1983 behandelt die 5. Zivilkammer eine Klage gegen Arag-Chef Paul-Otto Faßbender, dessen Schwester Petra nach Angaben ihrer Anwälte aus dem Nachlass des Vaters noch einen Anteil von rund 20 Millionen Euro einfordert. Es ist das mit Abstand längste Zivilverfahren, das je beim hiesigen Landgericht verhandelt wurde.

 Barbara Strupp-Müller (M.) ist Vorsitzende Richterin, ihre Beisitzerinnen Katharina Hoth (l.) und Nadja Barekzai waren bei Prozessbeginn noch nicht geboren.

Barbara Strupp-Müller (M.) ist Vorsitzende Richterin, ihre Beisitzerinnen Katharina Hoth (l.) und Nadja Barekzai waren bei Prozessbeginn noch nicht geboren.

Foto: Wulf Kannegiesser

Jahrelang hatten beide Seiten zunächst versucht, den Familienstreit gütlich beizulegen, aber jetzt ist der Disput wieder voll entbrannt. Und der Prozess wird mindestens noch bis 2017 dauern. Dann nämlich will die Kammer eine Entscheidung verkünden. Doch der nächste Krach ist längst programmiert: Nach dem Tod der Mutter Giesela Faßbender vor rund einem Jahr haben die Anwälte der Klägerin gestern angekündigt, dass auch das Testament der Firmen-Patriarchin demnächst angefochten werden soll.

Mit einem Seufzer setzte die Vorsitzende Richterin Barbara Strupp-Müller gestern den Mammutprozess fort. Ihre beiden Kolleginnen, die dabei als beisitzende Richterinnen fungieren, "waren noch nicht mal geboren, als das Verfahren anfing", so die Vorsitzende. Tatsächlich sind die immens langen Zeitabläufe eines der Hauptprobleme dieses Verfahrens. 1969 hatte der Arag-Gründer Walter Faßbender in einem Testament verfügt, dass alle Firmenteile in einer Hand bleiben sollten, und Paul-Otto Faßbender zum Haupterben bestimmt. Als der Senior Anfang 1973 gestorben war, tobte der Erbstreit der Geschwister zunächst hinter den Kulissen. Nach zehn Jahren erfolglosen Verhandelns legte die Schwester des jetzigen Arag-Chefs dann aber ihre Klage vor. Sie fordert einen Ausgleich für den 50-prozentigen Inlandsanteil des Konzerns sowie die Hälfte an den Auslandsanteilen der Arag-Gruppe.

Dann aber starb ("kurz vor der Ziellinie" eines schon ausgehandelten Vergleichs, so die Richterin gestern) einer der Prozess-Anwälte. Dann erkrankte ein Gutachter an Demenz. Bis sich andere Experten in beide Fachgebiete und den ganzen Aktenwust eingearbeitet hatten, verging erneut viel Zeit. Kernpunkt ist nämlich, wie der damalige Wert des Konzerns und seiner Auslandsanteile konkret zu bewerten sei. Aktuell soll die Firmen-Gruppe einen Wert von 1,5 Milliarden Euro darstellen. Aber welche Werte galten 1983? Dazu gab es inzwischen etliche Gutachten.

Zuletzt hatte die Konzern-Patriarchin im Gerichtssaal (und angeblich auch noch im September 2015 auf ihrem Sterbebett) die streitenden Kinder zur Einigung gemahnt, hatte dabei stets die Position von Sohn Paul-Otto gestärkt. Immerhin habe der Vater gewünscht, dass die Firmenanteile in einer Hand blieben, um eine Aufsplitterung des Konzerns zu verhindern. Gefruchtet haben die Appelle der alten Dame aber offenbar nicht dauerhaft.

Arag-Chef Faßbender ließ vor Gericht durch seinen Anwalt Gerd Krieger betonen, man sei "seit 33 Jahren vergleichsbereit" und wolle "endlich Ruhe haben". Faßbender erklärte später: "Die Zeit für einen Generalvergleich halte ich für gekommen, um einen dauerhaften Familienfrieden herzustellen." Die bisher für diesen Prozess aufgewendeten Ressourcen "hätte man sinnvoller einsetzen können". Doch die Anwälte seiner Schwester, die persönlich nicht zum Termin erschienen war, pochten auf eine Entscheidung der Zivilkammer. Die ist jetzt für Februar 2017 angekündigt.

(RP)
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