Musical-Premiere in Düsseldorf Als Statist bei "Evita" - etwas ganz besonderes

Düsseldorf · Schauspieler stehen nicht nur bei Vorstellungen, sondern auch abseits im Rampenlicht. Doch was ist mit Statisten? Wir haben mit zweien gesprochen, die uns verraten, warum sich das Schauspiel-Erlebnis auch ohne große Rolle lohnt.

 Sie hoffen auf einen gemeinsamen Auftritt: Irina Abramova und Sohn Julian Hofmann wirken als Statisten in dem Musical "Evita" mit.

Sie hoffen auf einen gemeinsamen Auftritt: Irina Abramova und Sohn Julian Hofmann wirken als Statisten in dem Musical "Evita" mit.

Foto: Andreas bretz

Wenn Irina Abramova Glück hat, wird sie am Dienstagabend etwas ganz Besonderes erleben. Mit ihrem elfjährigen Sohn Julian Hofmann könnte die 38-Jährige dann in historischen Kostümen gemeinsam auf die Opernbühne schreiten. Mutter und Sohn sind Statisten bei den Düsseldorfer Aufführungen des Musicals "Evita". Noch nie waren sie in einem Musical dabei, Schauspielerfahrung haben die beiden nur im weitesten Sinne. Wie kamen sie zu dem Job, unbezahlt an der Seite erfahrener Darsteller zu stehen? Und: Warum macht man das eigentlich?

Nur einmal stand Abramova vor Scheinwerfern, damals war allerdings eine Kamera dabei: "Ich habe in St. Petersburg als Studentin in einer Filmproduktion mitgespielt", sagt die 38-Jährige. Der Film, in dem sie in ihrer Heimatstadt eine Statistin war, spielte in der Zeit kurz vor der russischen Revolution. Vielleicht waren jene Aufnahmen es, die bei Abramova die Lust auf mehr weckten und auch ihre Freude an aufwendigen Kostümen: "Ich liebe diese alte Zeit, auch die damalige Kleidung mag ich sehr."

Nun wolle die Angestellte eines japanisches Handelshauses an der Immermannstraße selbst auf und hinter die Opernbühne, um zu schauen, ob sie etwas vom Theaterzauber mitnehmen kann. Was ihr dabei helfen könnte, ist nicht ihre Schauspielerfahrung, aber ihre Begeisterung für Musicals: "Ich habe früher alle gesehen!" Jetzt hofft sie auf ein schönes Kleid und darauf, in wenigstens einer Szene zusammen mit ihrem Sohn aufzutreten.

Julian kennt es zumindest schon, vor Publikum aufzutreten. Seit zwei Jahren ist er in einem Chor, mit dem er auch in der Oper bei kleinen Aufführungen schon auf der Bühne stand. Über diese Kontakte kam es auch, dass Julians Mutter gefragt wurde, ob er nicht bei "Evita" in einer Statistengruppe mitspielen dürfe. "Ich finde das toll, auf die große Bühne zu gehen", sagt der Elfjährige, der auch Klavier und Schlagzeug spielen kann. Ob er bei "Evita" dann auch singen darf, weiß er noch nicht, in den Massenszenen werde er aber auf jeden Fall dabei sein.

Lampenfieber hat Julian noch nicht, er habe schließlich auch schon bei mehreren Konzerten mitgespielt, in denen er erste Erfahrungen im Bühnen-Einmaleins sammelte: "Man soll nicht direkt ins Publikum gucken. Meistens ist man aber sowieso viel zu konzentriert dafür und bekommt gar nicht mit, wer da alles sitzt." Ganz im Gegensatz zu den Profi-Schauspielern, die monatelang mit Proben, Übungen und Coachings beschäftigt sind, müssen die "Evita"-Statisten gewissermaßen ins kalte Wasser springen. Für sie gibt es nur eine große Probe am Tag der ersten Vorstellung. Dort lernen sie die richtige Aufstellung, gehen in die Maske, werden kostümiert und durch einen erfahrenen Schauspieler auf den Auftritt vorbereitet. Martin Flohr, der Künstlerische Leiter des Musicals, will nicht die Botschaft vermitteln, Statist zu sein sei Hexenwerk: "Man bekommt die Möglichkeit, Bühnenluft zu schnuppern." Schauspielkunst oder Erfahrung müsse man nicht mitbringen, nur die Lust auf den Auftritt.

Ein Casting für die Statisten gab es nicht, Flohr vertraut darauf, dass sich nur Menschen gemeldet haben, die "sich nicht als Mäuschen in der Ecke verstecken" werden, wenn die Scheinwerfer sie streifen. Wenn alles läuft wie geplant, werde man die Statisten als solche gar nicht erkennen.

Besonders hebt Flohr hervor, dass durch die in jeder Stadt wechselnden Statistenrollen viele Menschen eine Chance bekommen. "Es gibt ja auch eine starke Verbundenheit mit dem Spielort", sagt der 39-Jährige. So können die Düsseldorfer - für jede Vorstellung werden rund 14 Erwachsene und genau so viele Kinder benötigt - sagen, in "ihrer" Oper aufgetreten zu sein. "Und noch dazu nicht in der kleinen Produktion um die Ecke, sondern im Original von Andrew Lloyd Webber", sagt Flohr.

(bur)
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