Besuch im Jahr 1967 Als der Schah nach Düsseldorf kam

Düsseldorf · Es war ein heikler Staatsbesuch im Jahr 1967 für die damals junge Landeshauptstadt. Als Schah Mohammed Reza Pahlavi und seine Gattin Farah Diba nach Düsseldorf kommen, ist die Polizei im Großeinsatz. Ein Rückblick.

Der Schah in Düsseldorf
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Es ist 15.30 Uhr an diesem Dienstag, dem 30. Mai 1967, und Düsseldorf hat ihn fast überstanden: den heikelsten Staatsbesuch der jungen Geschichte als Landeshauptstadt von NRW. Schah Mohammed Reza Pahlavi und seine Gattin Farah Diba absolvieren eine fünftägige Deutschlandreise, Ministerpräsident Heinz Kühn hat sie in die NRW-Landeshauptstadt eingeladen. Es ist ein Großeinsatz für die Polizei, ein formvollendeter Staatsbesuch - und ein Vorspiel für eine dramatische Episode deutscher Geschichte. In der kommenden Woche jähren sich die Ereignisse zum 50. Mal.

Weltpolitische Krise, Studentenproteste und hohe Sicherheitsmaßnahmen

Die Visite von Schahanschah und Schahbanu - so die Titel von Herrscher und Gattin - steht politisch unter schwierigen Vorzeichen. Ägyptische Streitkräfte haben zwei Wochen zuvor die Sinai-Zone besetzt. Die Bundesregierung hofft, durch Gespräche mit dem persischen Staatschef eingreifen zu können. Vergebens: Am 5. Juni wird der Sechstagekrieg ausbrechen.

Dabei wäre der Besuch auch ohne weltpolitische Krise kompliziert genug. Der Schah war bereits das Ziel mehrerer Attentate. Iranische Exil-Studenten in der Bundesrepublik haben Proteste angekündigt, linke Studenten-Gruppen haben sich angeschlossen. Sie werden den Spitzen aus Politik und Wirtschaft vor, dass sie einen brutalen Diktator umwerben, weil sie gute Geschäfte in der Region erhoffen. Die Sicherheitsmaßnahmen sind höher als bei der Queen, de Gaulle oder Kennedy.

Drei Tage später wird die Lage in Berlin eskalieren. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) demonstriert gemeinsam mit iranischen Gruppen. Bezahlte Anhänger und Sicherheitskräfte des Schahs - die berüchtigten "Jubelperser" - attackieren Demonstranten. Der Student Benno Ohnesorg stirbt am Abend durch die Kugel des Polizisten Karl-Heinz Kurras. Es wird der Beginn der Studentenunruhen sein und erst 40 Jahre später wird entdeckt, dass Kurras von der Staatssicherheit der DDR gelenkt wurden. Aber das ist eine andere Geschichte.

In der Bundesrepublik ist 1967 ein rigides Durchgreifen vereinbart worden. Exil-Perser haben Hausarrest oder sind in Hotels ausquartiert worden. In der Presse kündigt ein nicht benannter Polizist an, man werde rund 500 eingereiste Perser "mit viel Liebenswürdigkeit daran hindern, die Sicherheit der Gäste zu beeinträchtigen". Was auch immer das bedeutet.

Auf den Straßen in Düsseldorf geht nichts mehr

Auch in Düsseldorf will man kein Risiko eingehen. Die meisten Düsseldorfer erleben den Tag des Schah-Besuchs vor allem als Verkehrschaos: 1300 Schutzpolizisten und 200 Kriminalbeamte sind im Einsatz. Zwischen dem Regierungssitz an der Haroldstraße und Schloss Benrath steht alle paar Meter ein Beamter. Sogar die Autobahn ist gesperrt. Und in der Messe läuft auch noch die Drupa läuft. Auf den Straßen geht nichts mehr.

Außer natürlich für die Ehrengäste. Die haben auch ein straffes Programm. Farah Diba schaut sich am Vormittag mit der Ehefrau des Ministerpräsidentin, Marianne Kühn, Gemälde in Schloss Jägerhof an, damals Sitz der Kunstsammlung NRW. Der Schah hat Termine in Duisburg. Um 13 Uhr trifft man sich in der Villa Horion, dem Amtssitz des Ministerpräsidenten.

Dort tauschen die Politiker ihre Gastgeschenke aus, draußen warten mehr Polizisten als Zuschauer. Nur einige Hundert Schaulustige sind gekommen, man hat zu viele Fähnchen bereitgestellt. Die Faszination für den Schah ist nicht mehr so stark wie früher. In den 1950er Jahren hatten viele für den jungen Herrscher aus dem fernen Land und seine deutschstämmige Gattin Soraya geschwärmt. Aber von ihr hatte sich Reza Pahlavi 1958 scheiden lassen, weil die Ehe kinderlos geblieben ist.

Auch seine neue Frau, Farah Diba, wird als Schönheit gepriesen, der Schah selbst aber, hatten tags zuvor die Gäste beim Empfang in Bonn gemunkelt, sei etwas alt geworden. Dazu kommt die politische Kritik. Das Protokoll achtet streng darauf, jede Erinnerung an die Ex-Gattin zu vermeiden, mit der er 1955 ebenfalls Station in Düsseldorf gemacht hatte. Soraya, die inzwischen in Deutschland lebt, befindet sich nach offizieller Auskunft auf Reisen.

Das Märchen des Tages: Die sechsjährige Roswitha Meyer aus Oberkassel steht traurig vor der Villa Horion, weil sie der Kaiserin einen Wickenstrauß überreichen wollte. Ein Ehepaar nimmt sie mit ins Innere, im Spiegelzimmer darf sie Farah Diba die Blumen zur Freude von Fotografen und Gästen geben.

Düsseldorf zeigt sich von seiner schönsten Seite

Für den Staatsgast will sich die Landeshauptstadt in schönster Weise zeigen, politische Kontroversen sollen keine Rolle spielen: Öffentliche Gebäude sind mit Blumen geschmückt. Das kürzlich sanierte Schloss Benrath dient als Ort für das "Frühstück", wie die folgende Zusammenkunft trotz ihres Beginns um 13.45 Uhr genannt wird. 40 Ehrengäste nehmen teil, darunter Minister, Oberbürgermeister Willi Becker und der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag, Johannes Rau. Es gibt ein Vier-Gänge-Menü mit Schildkrötensuppe, gefüllter Puterbrust und Orangenparfait.

Die Regeln des Protokolls haben alle Teilnehmer auf Waschzetteln erhalten. Den Schah ist mit "Kaiserliche Majestät" oder auf Französisch mit "Majesté" oder "Sire" anzureden, nach der Ankunft im Vestibül stehend zu verharren, bis Gastgeber und Ehrengäste Platz genommen haben. Protokollchefin Else Weigel überlässt nichts dem Zufall und weist an: "Während der Schahanschah entlang der rechten Seite des Vestibüls von Frau Kühn an seinen Platz geführt wird, mögen die Gäste dem Schahanschah ihr Gesicht zuwenden."

Bis zur Weiterreise in den Weinort Geisenheim bleibt es friedlich, die Bauarbeiter wollen wirklich nur zuschauen. Einige Hundert Zuschauer sind nach Benrath gekommen. Dass es nennenswerten Protest gegeben hätte, ist den Artikeln von damals nicht zu entnehmen. Einige Demonstranten der Konföderation iranischer Studenten verteilen Flugblätter, eine Versammlung hatte man ihnen untersagt. Auf den Zetteln steht: "Wir dürfen nicht rufen: .Nieder mit dem Schah!'" Zwei werden festgenommen. Unterdessen schreitet das kaiserliche Paar über einen roten Teppich. Dann ertönt der Pfiff zur Abfahrt.

Für die Beamten ist das ein schöner Ton. Wie die Rheinische Post damals vermerkt, zündet sich der Einsatzleiter Polizeirat Kruse nun erst einmal erleichtert eine Zigarette an.

(arl)
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