Düsseldorf Achenbach muss Millionen zahlen

Düsseldorf · Das Landgericht hat gestern zum zweiten Mal über Schadenersatzansprüche der Albrecht-Erben entschieden.

 Er sei "entmaterialisiert" , sagte Helge Achenbach schon 2015 während des Strafprozesses in Essen über seine finanzielle Lage.

Er sei "entmaterialisiert" , sagte Helge Achenbach schon 2015 während des Strafprozesses in Essen über seine finanzielle Lage.

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Die 6. Zivilkammer des Düsseldorfer Landgerichts, die Helge Achenbach bereits im Januar 2015 zu Zahlung von Schadenersatz an die Kinder des verstorbenen Aldi-Nord-Erbens Berthold Albrecht verurteilt hat, hat im zweiten Verfahren gestern dieses Urteil weitgehend erneuert.

Warum war das erste Urteil aufgehoben worden? Weil die Kammer seinerzeit nicht berücksichtigt hatte, dass die Albrecht-Erben nicht nur Achenbach, sondern auch dessen Firmen verklagt hatten. Darin hatte das Oberlandesgericht ein unzulässiges Teilurteil gesehen.

Worin unterscheiden sich die Sprüche? In "Nuancen", wie der Vorsitzende der Kammer, Joachim Matz, gestern erklärte. Man habe sich die Argumente der Beteiligten genau angeschaut und sei zu der Überzeugung gekommen, dass das seinerzeitige Urteil bis auf jene korrigierten Feinheiten richtig sei. Bei den Nuancen geht es um eine knappe Million Euro. Im ersten Prozess war Achenbach zu 19,4 Millionen Schadenersatz für die Erben Berthold Albrechts verurteilt worden. Jetzt sind es rund 18,7 Millionen Euro. Und: Helge Achenbach ist nicht mehr der Alleinschuldner, sondern auch seine beiden früheren Firmen, die Achenbach Kunstberatung und die State of the Art AG, haften jeweils für Teile des Schadens.

Ist das ein Erfolg für Achenbach? Nicht wirklich. Zwar ist die Summe, zu der er nebst Zinsen verurteilt wurde, um eine knappe Million niedriger. Aber er wurde auch zur Zahlung von mehr als der Hälfte der Gerichtskosten verurteilt, die sich bei dem hohen Streitwert leicht auf einen sechsstelligen Betrag summieren könnte.

So lief der Fall Helge Achenbach
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Bekommen die Albrechts jetzt alles zurück? Wahrscheinlich nicht ganz. Helge Achenbach, der den Aldi-Nord-Erben bei Kunst- und Oldtimergeschäften im Gesamtvolumen von mehr als 120 Millionen Euro um rund 20 Millionen betrogen hat, sitzt drei Jahren im Gefängnis, besitzt heute kein nennenswertes Vermögen mehr. Allerdings hatten die Albrecht-Anwälte schon bei Beginn des Strafverfahrens Wertsachen - vor allem Kunstwerke - aus seinem Privatbesitz pfänden lassen. Und sie haben mit dem gestrigen Urteil Ansprüche an die Insolvenzmasse der beiden Achenbach-Firmen; elf Millionen an die der State of the Art AG, knapp sieben Millionen an die der Kunstberatung. Insolvenzverwalter Marc d'Avoine hat erklärt, er rechne mit einer guten Quote für die Gläubiger.

Achenbachs Anwalt hatte im April angedeutet, dass Berthold Albrecht bei seinen Kunst- und Oldtimerkäufen nicht geschäftsfähig gewesen sein könnte. Spielte das eine Rolle? Nein. Der Richter konstatierte vielmehr, dass sich "die beklagten Parteien dadurch nicht gerade in ein besseres Licht gerückt" hätten. "Man kann auch einen Geschäftsunfähigen täuschen und betrügen", sagte Matz und nahm damit erstmals im Zivilverfahren direkten Bezug auf die rechtskräftige Verurteilung Achenbachs im Strafprozess.

Warum spielte die Verurteilung wegen Betruges in diesem Prozess bisher keine Rolle? Weil Zivil- und Strafverfahren unabhängig voneinander sind. Deshalb hatte sich die Zivilkammer in ihrer ersten Entscheidung, die noch vor dem Strafurteil fiel, auch nur auf das Vertragsrecht berufen. Das hat Achenbach mit den Zweifeln an Albrechts geistiger Gesundheit angreifen wollen - ohne Geschäftsfähigkeit kein Vertrag, ohne Vertrag kein vertragsbrüchiger (und damit schadenersatzpflichtiger) Kunstberater. Die Kammer griff nun aber zum Deliktsrecht, in dem es um die Folgen unerlaubter Handlungen geht. Die unerlaubte Handlung Achenbachs, der im Strafprozess unter Tränen gestanden hatte, seinem Freund Berthold Albrecht gefälschte Rechnungen vorgelegt zu haben, ist rechtskräftig festgestellt worden. Und daraus folgt wiederum der Schadenersatzanspruch.

Ist der Fall Achenbach damit juristisch erledigt? Nein. Albrechts fordern weitere angeblich unberechtigte Provisionen zurück, auf die man erst während des Strafverfahrens gekommen war. Und sie streiten um die Echtheit einer von Achenbach verkauften Skulptur. Und ob das Schadenersatzverfahren rechtskräftig wird, ist laut Achenbachs Anwalt noch offen.

(RP)
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