Serie Wohnen In Düsseldorf 30 Familien unter einem Dach

Düsseldorf · In Gerresheim soll Anfang 2017 Düsseldorfs wahrscheinlich größte Wohngemeinschaft entstehen.

 Das Gruppenbild zeigt eine fröhliche Truppe: Mehr als 50 Erwachsene, darunter viele junge und einige ältere Gesichter und über 30 Kinder.

Das Gruppenbild zeigt eine fröhliche Truppe: Mehr als 50 Erwachsene, darunter viele junge und einige ältere Gesichter und über 30 Kinder.

Foto: privat

Sie bezeichnen sich manchmal selbst als "Paradiesvögel". Das mag daran liegen, dass sie wohl oft als exotische Wesen gesehen wurden, als sie vor über 25 Jahren beschlossen, eine andere Wohnform zu erproben. Im Zentrum stand die Utopie, die Entwicklung und Entfaltung von Kindern zu fördern. Und gleichzeitig mehr Gemeinschaft zu leben. Mittlerweile hat die Initiative "Wohnen mit Kindern in Düsseldorf" selbst Nachwuchs bekommen, zurzeit plant die dritte Baugruppe ihre Zukunft. Im November sollen in Gerresheim die Bagger anrücken.

Das Gruppenbild zeigt eine fröhliche Truppe: 54 Erwachsene, darunter viele junge und einige ältere Gesichter und 32 Kinder, einige schon erwachsen, andere gerade erst geboren. All diese Familien, Singles und Paare eint ein gemeinsames Ziel: Zu Beginn des Jahres 2017 wollen sie die Umzugskisten packen und nach Gerresheim ziehen. Was sie auf einem 5000 Quadratmeter großen, dreieckigen Grundstück Am Quellenbusch planen, hat in der Computer-Animation schon reale Züge angenommen: zwei lang gestreckte Gebäudekomplexe in L-Form, in denen das Wort "gemeinsam" mit viel Leben gefüllt werden soll: ein Garten, ein großer Raum mit Küche, ein Gästeappartement werden allen 30 Eigentümerparteien gehören - und von allen gemeinsam genutzt.

"Wir wollen in der Stadt leben, aber möglichst mit Gärten. Und das Ganze soll auch noch bezahlbar sein", so der künftige Bewohner Stephan Soll. Ein Wunsch, der in Düsseldorf nicht leicht zu realisieren ist. Aber dann offerierte die Stadt ein Grundstück und reservierte es auch noch so lange, bis die Gruppe weitere Interessenten gefunden hatte. Die ersten trafen ihre Entscheidung für das Projekt, obwohl es noch gar keine konkreten Pläne gab. Dafür hatten sie den Vorteil, ihre künftigen Wohnungen selbst gestalten zu können. Im Zentrum stand dabei der Gedanke, dass Nachbarschaft mehr sein kann, als ein kurzer Gruß im Treppenhaus. "Wir wollen Gemeinschaft leben", meint Stephan Soll. Dabei kann die künftige Baugruppe von den Erfahrungen ihrer Vorgänger profitieren.

Der Verein "Wohnen mit Kindern" entstand im Jahr 1989 aus einer Spielplatz-Bürgerinitiative. Vorsitzende Martine Richli spricht heute von einer Erfolgsgeschichte "ohne wenn und aber." Es sei schon eine tolle Art so zu leben. Wenn beispielsweise nur ein Erwachsener gleich sechs Kinder zur Schule bringt.

Und die Jugendlichen, die nicht in Ganztagsschulen gehen, treffen sich mittags zum Essen alle in einer Familie. Gekocht wird abwechselnd. "Wir unterstützen uns gegenseitig", so Martin Richli.

Sie lebt mit ihrer Familie heute im zweiten Bauprojekt, das sich ebenfalls Am Quellenbusch in Gerresheim angesiedelt hat - 26 Eigentumswohnungen, die 2013 fertig wurden. "Man braucht Geduld und Ausdauer", lautet das Fazit der Vorsitzenden, denn bis die verschiedenen Interessen unter ein Dach passen, ist so mancher hitzige Gesprächs-Marathon geführt worden. Auch die dritte Gruppe hat längst erlebt, dass viel Zeit vergeht, bis alle einverstanden sind, wer welche Wohnung bekommt und wie die individuellen Grundrisse aussehen, wie der Garten gestaltet und der Gemeinschaftsraum genutzt werden soll (für Feste aller Art, zum gemeinsamen Fußballgucken, für einen Yogakurs oder zum Musizieren) - und über die Finanzierung. Inzwischen ist geklärt, dass die künftigen Wohnungen 3000 Euro pro Quadratmeter kosten, plus Stellplatz, plus Kosten für die Gemeinschaftseinrichtungen. "Wir haben in dieser Zeit schon mal gelernt, miteinander auszukommen", meint Stephan Soll. Bei den regelmäßigen Treffen und Workshops während dieser Planungszeit zeigte sich auch, dass aus einer Zweckgemeinschaft schnell Freundschaften wachsen, unter den Kindern sowieso, die freuen sich schon auf das gemeinsame Leben. Wer sich für das Projekt entscheidet, muss übrigens nicht unbedingt eigene Kinder haben, aber er muss sie als Nachbarn schätzen und darf sich später nicht über ihren Lärm beklagen. Aber das sollte bei einem Mitglied von "Wohnen mit Kindern" ja wohl selbstverständlich sein.

(RP)
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