Düsseldorf 200 Stellen bei IBM in Düsseldorf gestrichen

Düsseldorf · Metaller oder Rheinbahner mit roten Gewerkschaftsfahnen kennt man. Jetzt demonstrieren IT-Experten, die das noch nie taten.

 Gewerkschafter Bert Stach spricht zu einigen Betroffenen des Stellenabbaus bei IBM am Karl-Arnold-Platz.

Gewerkschafter Bert Stach spricht zu einigen Betroffenen des Stellenabbaus bei IBM am Karl-Arnold-Platz.

Foto: Verdi

Wenn Verdi bei der Rheinbahn zum Streik aufruft, dann dreht sich kein Rad mehr. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist dort nahe 100 Prozent. "Die rote Rheinbahn-Sonne leuchtet", spotteten einst die Zeitungen, wenn die Belegschaft klar machte, dass niemand einen Handschlag tut, wenn die Gewerkschaft es befiehlt, um Jobs zu retten oder einen neuen Tarif auszuhandeln. Bei Daimler ist es nicht anders. Als dort vor zwei Jahren über die Verlagerung von Produktion verhandelt wurde, demonstrierten Tausende bei IG Metall organisierte Arbeiter. Lautstark, eindrucksvoll, solidarisch.

Gestern wagten die Mitarbeiter des IBM-Standortes am Karl-Arnold-Platz eine Demo. Und es bot sich ein vollständig anderes Bild. Die Lage ist nicht weniger dramatisch. "IBM will 200 Stellen hier abbauen", sagt Betriebsratsvorsitzender Heinrich Rommen-Lebküchner. Wer den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibt, dem droht die betriebsbedingte Kündigung.

Rommen-Lebküchner steht vor rund 50 IBM-Mitarbeitern. Sie lauschen Verdi-Sekretär Bert Stach, der hörbar für Verdi die Werbetrommel rührt und für den Erhalt der Jobs kämpfen möchte. Die Demonstranten tragen blaue oder weiße Hemden. Sie sind Informatiker, Ingenieure, Computerexperten für Hard- und Software. Arbeitskampf? So was war ihnen bislang furchtbar fremd. Das merkt man. Wenn der Gewerkschafter lautstarke Parolen ins Mikro brüllt, gibt es verhaltenen Applaus. Keine Pfiffe oder Trommeln wie bei Demos im öffentlichen Dienst oder in der Montanindustrie. Die Branche kannte jahrelang nur einen Weg: aufwärts. Kündigungen oder Stellenstreichungen standen gar nicht zur Debatte. Informatiker und Ingenieure glaubten bei einem Computer-Giganten wie IBM im digitalen Zeitalter sicher zu sein. Gewerkschaft und Betriebsrat waren Fremdwörter.

Auch Betriebsratschef Rommen-Lebküchner merkt man an, dass er sich nicht recht wohlfühlt in der Rolle als Kämpfer. Am Mikro sprechen vor den Kollegen will der ruhige Mann im schwarzen Anzug nicht. Wie hoch der Anteil an Verdi-Mitgliedern ist bei IBM? Darüber will er lieber gar nicht sprechen. Der Jobabbau erreicht die digitale Elite.

Kurz nach Ostern hatte der US-Konzern bekanntgegeben, in Deutschland rund 1000 Stellen zu streichen. "Bis März 2017 soll das alles abgeschlossen sein", sagt Rommen-Lebküchner. Der Umsatz von IBM ist seit 2011 von 107 Milliarden US-Dollar auf weniger als 82 Millarden Dollar zurückgegangen - fast ein Viertel des Geschäftes ist weg. Und auch wenn die Mitarbeiter nicht so aussehen, sie werden weiter für ihre Jobs kämpfen, auf ihre Art.

(tb.)
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