Düsseldorf 200 Kilometer Kanal sind marode

Düsseldorf · Viele alte Betonkanäle aus der Nachkriegszeit sind noch in Betrieb - und machen immer mehr Probleme. Das wird in den kommenden Jahren zu vielen Baustellen führen. Schuld ist auch die Sparsamkeit in früheren Zeiten.

 An der Gräulinger Straße in Gerresheim wird derzeit ein Kanal erneuert. An vielen anderen Stellen der Stadt werden solche Arbeiten folgen.

An der Gräulinger Straße in Gerresheim wird derzeit ein Kanal erneuert. An vielen anderen Stellen der Stadt werden solche Arbeiten folgen.

Foto: Andreas Endermann

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte in Düsseldorf ein Bauboom ein - der nun zu ärgerlichen Folgen führt. Die 221 Kilometer an Beton-Abwasserkanälen aus der Zeit von Wiederaufbau und Stadterweiterung haben ihr Höchstalter erreicht, immer mehr sind so schadhaft, dass sie ausgetauscht werden müssen. Die Folge ist, dass es in den kommenden Jahren viele Baustellen geben wird: Mindestens zwölf Kilometer müssen in den nächsten sieben Jahren saniert werden - die meisten durch eine Erneuerung in offener Bauweise, also durch Aufreißen der Straße.

Vor allem Gerresheim, Stockum, Unterrath und Eller sind betroffen. Die größte Baustelle in kommender Zeit wird südlich des S-Bahnhofs Gerresheim eingerichtet: In Heckteich- und Höherhofstraße soll der Kanal ab dem Frühjahr 2016 auf einer Länge von einem Kilometer ausgetauscht werden. Im kommenden Herbst ist der Kaiser-Friedrich-Ring in Oberkassel auf einer Länge von 200 Meter an der Reihe. Weitere Arbeiten sind abzusehen. "Da wird mehr kommen", sagt Claus Henning Rolfs, Technischer Betriebsleiter des Stadtentwässerungsbetriebs.

Die Problem-Kanäle stammen aus der Zeit von 1946 bis 1976. Vor allem in den 1960er Jahren wurden für die wachsende Stadt enorme Mengen in kurzer Zeit verlegt. Damals gab es anders als heute keine vorgefertigten Teile aus der Fabrik, die Kanäle wurden vor Ort aus einem Zement-/Sandgemisch gefertigt. Um Kosten zu sparen, arbeitete man dabei mit einem hohen Sand-Anteil - weshalb die Kanäle inzwischen wegen geringer Materialqualität Probleme machen. Auch die Anschlüsse wurden teilweise falsch hergestellt. "Der heutige Beton ist mit dem damaligen nicht zu vergleichen", sagt Rolfs. "Die Technik war noch nicht so weit."

Für die Düsseldorfer haben die Kanalarbeiten zwei negative Folgen. Durch die Baustellen drohen viele Staus, auch wenn der Stadtentwässerungsbetrieb in Absprache mit dem Verkehrsamt versucht, die Belastungen gering zu halten.

Außerdem entstehen hohe Kosten, die über die Abwassergebühren auf die Bürger umgelegt werden. Düsseldorf hat bereits im Jahr 2011 ein Substanzerhaltungskonzept beschlossen, um mit den Arbeiten an den Kanälen so früh zu beginnen, dass sich die Baustellen nicht ballen. Pro Jahr werden 25 Millionen Euro investiert. Welche Auswirkungen das auf die Abwassergebühren für die kommenden Jahre hat, ist unklar. Fest steht: Rund 60 Prozent der Gebühren entfallen auf das Kanalnetz.

Von Vorteil ist, dass die Technik heute deutlich weiter ist als in der Nachkriegszeit, und das nicht nur in Bezug auf die Langlebigkeit der Kanäle, die heute meist aus Steingut gefertigt werden. Der Stadtentwässerungsbetrieb schickt inzwischen Kameras in die Kanäle, um Schäden zu finden, bevor es zum Beispiel zu größeren Rissen kommt. Jedes Stück des 1550 Kilometer langen Kanalnetzes wird im Schnitt alle 15 Jahre untersucht.

Außerdem ist es möglich, kleinere Schäden durch ein Verfahren zu beseitigen, bei dem Zement von innen an die Wände der Rohre geschleudert wird. Das erspart etwa am Röttchen (Unterrath) im Herbst eine Baustelle auf einem Kilometer Länge.

(RP)
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