Dormagen Wo Tiere als Pädagogen arbeiten

Dormagen · Im Jugendzentrum Raphaelshaus leben zahlreiche Tiere, die in der Tierpädagogik eine große Rolle spielen: "Unsere treuen, vierbeinigen Mitarbeiter und Kollegen", so nennt Direktor Hans Scholten die Kamele, Lamas, Pferde und Hunde.

 Trampeltier-Stute Dunja macht sich trotz Höcker ganz schmal, um an das Gras auf der anderen Seite des Zauns zu kommen - im Raphaelshaus lernen Kinder und Jugendliche, verantwortlich und mit viel Spaß mit Tieren umzugehen.

Trampeltier-Stute Dunja macht sich trotz Höcker ganz schmal, um an das Gras auf der anderen Seite des Zauns zu kommen - im Raphaelshaus lernen Kinder und Jugendliche, verantwortlich und mit viel Spaß mit Tieren umzugehen.

Foto: ON

Sein bester Freund ist ein Esel - das erzählt Raphaelshaus-Direktor Hans Scholten mit einem Lachen: "Mit Sancho bin ich gern und oft unterwegs", erklärt er, dass er mit dem Esel oft lächelnd angesprochen wird. Scholten übt mit Sancho, damit der ihn auf Wanderungen über Stock und Stein begleiten kann. Doch nicht nur Sancho und Direktor Scholten sind auf dem Gelände des Jugendhilfezentrums an der Krefelder Straße ein alltägliches Bild, sondern auch viele Kinder und Jugendliche, die sich mit viel Spaß auch um die anderen Tiere kümmern. "Das sind unsere treuen, vierbeinigen Mitarbeiter und Kollegen", nennt Direktor Scholten die Kamele, Lamas, Pferde und Hunde, die für ihn "ideale Partner in der Padagogik sind".

 Kleine Kunststücke einüben mit Hund Birso vor drei Jahren.

Kleine Kunststücke einüben mit Hund Birso vor drei Jahren.

Foto: H. Jazyk

Denn Tiere helfen den Pädagogen, auch völlig verstörte Kinder zu erreichen, sie zu motivieren, ihnen Respekt beizubringen und Erfolgserlebnisse zu bescheren. "Die Kinder lernen, verantwortungsbewusst mit den Tieren umzugehen, und erhalten sofort ein ungefiltertes Feedback der Tiere", so Scholten. Mit Tieren als Bezugspunkt würden ängstliche Kinder selbstbewusster, nervöse Kinder ruhiger und nachlässige Kinder verlässlicher.

Bei der "Hundestunde" übt Pädagogin Marie-Theres Scholten mit Hunden und Kindern gern kleine Kunststücke ein. Da gibt es auch schon mal die "Kindersuche", bei der sich die Kinder verstecken und die Hunde sie aufspüren. "Das macht allen Beteiligten sichtbar viel Spaß, ebenso der Hindernisparcours, der eingeübt werden muss", berichtet Scholten.

Im Raphaelshaus, wo seit 17 Jahren auf Tierpädagogik gesetzt wird, geht es um gezielten Einsatz von Tieren als heilpädagogische Katalysatoren: "Hunde, Pferde und Lamas gehen unbelastet auf die Kinder zu, die ihnen schnell Vertrauen entgegenbringen und sich von ihnen geschätzt fühlen", erläuterte Marie-Theres Scholten, dass auch aggressive Kinder ausgeglichener werden.

Regelmäßig werden Angebote mit Tieren in die Erziehungshilfe-Arbeit im Raphaelshaus eingebaut: Voltigieren, Reiten, Kennenlernen der Lamas und Kamele oder eben als Hundestunde. Generell stärken diese Stunden das Selbstwertgefühl der Kinder, die sich verantwortungsvoll und zuverlässig um Tiere kümmern lernen. Die verschiedenen Charaktere der Tiere können die Pädagogen als Moderator für unterschiedliche Bedürfnisse der Kinder einsetzen, wie Marie-Theres Scholten erläuterte: "Ein Lama ist ein empfindliches, zurückhaltendes Tier, das distanzlosen Kindern schnell seine Wünsche klar macht - so lernen sie, anderen nicht ihren Willen aufzuzwingen und Rücksicht auf andere zu nehmen." Da ein Lama aber auch "jeden Spaß mitmacht", kann man mit ihm auch Treppen steigen. Anhand der Tiere können Regeln besser erklärt werden: "Das stört das Pferd" ist wirkungsvoller als ein Lautsein-Verbot.

"Es ist toll, wie sich stark verkrümmte Kinder auf dem Pferderücken aufrichten", erklärte Hans Scholten: "Tiere ermöglichen einen Zugang zu Kindern, an die man als Pädagoge nicht mehr herankommt."

(NGZ)
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