Dormagen Wo sind Joan Delhovens Münzen geblieben?

Dormagen · Was war das "Castrum Zunce"? Woher stammt der Name "Juddeturm" wirklich? Fragen, auf die es keine eindeutigen Antworten gibt.

 Der Juddeturm in der Altstadt von Zons diente früher als Gefängnis. Heute ist er nur zu besonderen Anlässen zu besichtigen.

Der Juddeturm in der Altstadt von Zons diente früher als Gefängnis. Heute ist er nur zu besonderen Anlässen zu besichtigen.

Foto: Stephen Schröder

Ungeklärte Fragen machen Wissenschaftler nervös. Doch manchmal gibt es auch bei aller gründlichen Recherche keine Beweise, nur Vermutungen oder Rückschlüsse. Rätselhaftes gibt es auch in der Dormagener Stadtgeschichte, fündig wird der Neugierige natürlich im Kreisarchiv in Zons, das gleichzeitig auch das der Stadt Dormagen ist. Dessen Leiter, Stephen Schröder, kann auch gleich mehrere ungelöste Fragen nennen. Doch er betont: "Das ist der augenblickliche Stand, von dem wir hier wissen. Vielleicht gibt es ja irgendwo in Deutschland jemanden, der sich gerade mit diesem Thema beschäftigt und der schon Antworten hat. Doch sollte das so sein, ist das bis zu uns noch nicht vorgedrungen", sagt Schröder.

Rätsel 1 - der Juddeturm Schlank, aus Basalt und Backsteinen erbaut, war der Turm bis zum Bau der Pfarrkirche (1878) der höchste in Zons. Sein Zweck: Gefängnis für Schwerverbrecher, die über eine Seilwinde in das elf Meter tiefe Verlies hinabgelassen wurden. Heute ist das Innere des Turms nur noch am Tag des offenen Denkmals oder bei Führungen zu sehen. Der Blick ins Verlies weckt unangenehme Gefühle: Es ist fast dunkel, kahle Wände, ein muffiger Geruch umweht die Nase. Wahrlich kein Vergnügen, dort eingesperrt zu sein. "In Zons ging früher die Sage um, der Name des Turms rühre daher, dass der erste Gefangene ein Jude gewesen sei", erzählt Schröder. So werde tatsächlich bei Paul Clemen "Kunstdenkmäler des Kreises Neuss" (1895) Seite 121 f. vom Judenturm gesprochen. Wahrscheinlicher sei laut Schröder jedoch die Ableitung von der Kölner Patrizierfamilie Judde. So wurde hinter dem Pfarrhaus ein Grabstein mit dem Namen Mechthild Judde (von 1518) wieder entdeckt, der unter dem Treppenaufgang des Turms angebracht wurde. "Warum genau diese Namensgebung erfolgte, ist indes nicht klar", sagt der Archivleiter. Im Volksmund gebe es jedoch die Erzählung, dass die Familie Judde dem Erzbischof Geld für den Bau der Burganlage gegeben habe, ergänzt Schröder. Zweifelsohne ein plausibler Grund für die Namensnennung. Klingt also wahrscheinlich, dass der Turm nach ihr benannt wurde. Doch, wer weiß das schon?

Rätsel 2 - das "Castrum Zunce"

 Denn Gefangene wurden in das elf Meter tiefe Verließ heruntergelassen

Denn Gefangene wurden in das elf Meter tiefe Verließ heruntergelassen

Foto: Berns, Lothar (lber)

Es ist überliefert, dass nach der Schlacht von Worringen (1288) drei Befestigungen des unterlegenen Erzbischofs von Westerburg abgetragen wurden, darunter das "Castrum Zunce". Doch was war das? Und wo stand es? Eine Burg in Zons, bevor 1372 Burg Friedstrom errichtet wurde? Eher unwahrscheinlich. "Wahrscheinlich handelt es sich um ein festes Haus", sagt Stephen Schröder. Sicher ist das nicht, denn Überreste wurden nie gefunden. Und: Die Materialien aus Zons sollen nach Köln transportiert worden sein. Dort wurden sie dann beim Bau der Stadtbefestigung benutzt, wird vermutet. Wieviel Zons steckt in Köln? Wer weiß das schon?

Rätsel 3 - Sammlung Joan Peter Delhoven

 Die massive Tür führt ins Helle, in die Freiheit - unerreichbar für Gefangene.

Die massive Tür führt ins Helle, in die Freiheit - unerreichbar für Gefangene.

Foto: Berns, Lothar (lber)

Joan Peter Delhoven (1766-1824) zählt zu den bekannten Köpfen Dormagens. Aus seiner Feder stammt die "Chronick von Dormagen für die Jahre 1783-1823", eine "der bemerkenswertesten, in ihrer Art vielleicht einzigen Aufzeichnung der französischen Zeit des Rheinlandes", wie es in der Einleitung der 1926 erstmals edierten und stark gekürzten Fassung heißt.

"Delhovens Aufzeichnungen sind auch deshalb bemerkenswert, weil er eben kein Adliger, sondern ein Bürgerlicher war, der über Jahrzehnte chronistisch gearbeitet hat", erklärt Schröder. Bekannt sei, dass er auch ein eifriger Sammler gewesen sei, der vermutlich sogar Ausgrabungen initiiert habe, so Schröder weiter. Nach seinem Tod ging die Sammlung in den Besitz seines Sohnes Jakob über. Später, in den 1920er Jahren befand sich allerdings nur noch ein geringer Teil der Sammlung in Familienbesitz. Teile gingen an das Provinzialmuseum Bonn (heutiges Landesmuseum). Dennoch sind zahlreiche Objekte verschollen, so über 1000 römische Münzen. Wurden sie an Sammler verkauft? Wenn ja, von wem? Und die restlichen Sachen? Wer weiß das schon?

(NGZ)
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