Lokalsport TSV Bayer spielt einfach nicht effektiv genug

Dormagen · Zwei "Brüche im Spiel" sind Grund für die 21:25-Niederlage gegen den TuS Ferndorf. Die "Neuen" im Rückraum enttäuschen erneut.

 Auch wenn ihn hier Dormagens Mannschaftskapitän Alexander Kübler zu einem seiner drei Treffer überwindet, wurde Lucas Puhl mit 13 gehaltenen Bällen zu einem der Matchwinner gestern Abend auf Seiten des TuS Ferndorf.

Auch wenn ihn hier Dormagens Mannschaftskapitän Alexander Kübler zu einem seiner drei Treffer überwindet, wurde Lucas Puhl mit 13 gehaltenen Bällen zu einem der Matchwinner gestern Abend auf Seiten des TuS Ferndorf.

Foto: H. J. Zaunbrecher

Die Kulisse von 1269 Zuschauern war absolut zweitliga-reif. Doch ob es in absehbarer Zeit noch einmal Zweitliga-Handball im Bayer-Sportcenter zu sehen gibt, muss seit gestern Abend bezweifelt werden. Denn nach der 21:25-Niederlage (Halbzeit 12:14) des TSV Bayer Dormagen im Spitzenspiel der 3. Liga West gegen den damit weiterhin verlustpunktfreien TuS Ferndorf bleibt den Gastgebern nur die Hoffnung, "dass die Ferndorfer sich irgendwo einen Ausrutscher leisten. Wir bleiben auf jeden Fall dran," kündigte Ulli Kriebel eine halbe Stunde nach dem Schlusspfiff an.

Das Versprechen ihres Trainers zu erfüllen, wird schwer genug für die Dormagener. Sicher, mit der gestern gezeigten Leistung hätten sie wohl jeden Gegner in ihrer Liga bezwungen - nur eben Ferndorf nicht. Trotzdem offenbarte sie in schonungsloser Art und Weise, woran es dem TSV Bayer auf dem Weg zu einem echten Aufstiegsaspiranten fehlt.

In erster Linie an der Effektivität. Wer fast die Hälfte seiner Angriffe nicht mit einem Torerfolg abschließt, kann auch nur schwer gewinnen. Allein 13 Mal scheiterten die Gastgeber an Lucas Puhl zwischen den Ferndorfer Pfosten, der in Kriebels Augen so zum "Matchwinner" der Gäste wurde. Einen Siebenmeter versemmelte Tim Wieling gegen Kai Rottschäfer, ein halbes Dutzend Mal verfehlten die Dormagener Würfe das angepeilte Ziel. Dazu noch drei, vier Fehlpässe, macht summa summarum locker zwei Dutzend erfolglose Angriffe. Das kann man verschmerzen, wenn man 50 bis 60 Angriffe läuft. Doch so viele lassen die Ferndorfer mit ihrer ungeheuer kompakten Deckung und ihren aufreizend langwierig vorgetragenen eigenen Offensivaktionen nicht zu. Hat man dagegen endlich mal das Spielgerät erobert, "darf man nicht so viele Freie verwerfen wie wir", legte Kriebel den Finger auf Wunde Nummer eins.

Wunde Nummer zwei ist die Inhomogenität seines Kaders. "Wir hatten die größere Breite zu wechseln und deshalb am Ende vielleicht auch die entscheidenden Körner mehr", gab Gästetrainer Michael Lerscht zu. Wobei er sogar noch einen Feldspieler weniger auf dem Spielberichtsbogen stehen hatte als sein Kollege. Der Unterschied: Wenn Lerscht seine "zweite Garde" aufs Parkett schickt, spielen die Ferndorfer annähernd nahtlos so weiter wie vorher.

Das tun die Dormagener nicht. Kriebel sprach von "zwei Brüchen im Spiel", die dessen Verlauf maßgeblich beeinflusst hätten. Was er (aus seiner Sicht verständlich) nicht sagte, waren die Namen, die für diese "Brüche" verantwortlich zeichneten. Bruch Nummer eins: Nach 18 Minuten beim Stande von 8:8 löst Daniel Eggert im rechten Rückraum KC Brüren ab - vier Minuten später führt Ferndorf 11:9.

Bruch Nummer zwei erwies sich als noch folgenreicher: Von 14:17 (37.) kämpfen sich die Hausherren, auch dank eines erneut famos halten Janis Boieck (10 Paraden), auf den 17:17-Gleichstand durch Lukas Stutzke (41.) heran. Ja, sie gehen beim 18:17 durch Eloy Morante Maldonado (43.) sogar zum ersten Mal seit dem 3:2-Zwischenstand in Vorlage. Einen Fehlwurf und zwei Fehlpässe von Nuno Carvalhaes später führen die Gäste wieder mit 21:18 (47.) und sind viel zu clever, als dass sie diesen Vorsprung noch einmal aus der Hand geben. "Ich kann Lukas und Eloy nicht 60 Minuten durchspielen lassen", sagt Kriebel.

Dem ist nicht zu widersprechen. Das Dumme ist: Was Bayer aus dem Rhythmus und in Rücklage bringt, sind nicht die mangelnde Erfahrung und das Ungestüm seiner jungen Wilden. Sondern die Aktionen, oft auch die Nicht-Aktionen, jener beiden Akteure, die im Gegensatz zum Rest der Truppe alleine zum Zweck des Handballspielens an den Höhenberg geholt worden sind. Schon unken Insider, dass zum "Bruch im Spiel" bald ein "Bruch im Mannschaftsgefüge" kommen könnte.

In der Tat ist es eine spannende Frage, wie lange sich die handballerisch Hochbegabten ohne zu murren von der Bank aus anschauen, wie zwei "Vollprofis" das umstoßen, was sie gerade mit viel Einsatz aufgebaut haben. Und diese Frage leitet automatisch zu der über, wie lange diese handballerisch Hochbegabten noch das Bayer-Trikot tragen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies übers Saisonende hinaus der Fall sein wird, ist seit gestern um einiges geringer geworden.

(NGZ)
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