Dormagen Schüler machen Einsteins Wellen sichtbar

Dormagen · Der Nachweis von Gravitationswellen gilt als Sensation. Die Leibniz-Gymnasiasten können ähnliches beobachten.

Jörn Schneider unterrichtet Informatik und Physik am Leibniz-Gymnasium - und er schätzt die Praxis. "Um Schüler für Physik zu begeistern, muss man sie erfahrbar machen", erklärt er. In einem Modellversuch mit der Uni Erlangen gibt das Leibniz deshalb seinen Schülern die Möglichkeit, im Unterricht zu forschen wie die Großen. "Wir machen im Prinzip das gleiche wie die Wissenschaftler, die jetzt Gravitationswellen nachgewiesen und damit Einsteins Relativitätstheorie bestätigt haben", sagt Schneider.

Die Messgeräte der Schule seien natürlich längst nicht so präzise wie jene hochempfindlichen Detektoren der Forscher in den USA. Dennoch ließen sich die Wellen im Raum damit eindeutig messen. "Das funktioniert mit Lasertechnik. Wenn eine Welle den Lichtstrahl ein winziges bisschen verkürzt, lässt sich das sofort feststellen", erklärt der Lehrer.

Im Unterricht würden die Gravitationswellen durch lautes Händeklatschen simuliert. "Dadurch werden Schwankungen im Luftdruck erzeugt, die sich als Wellen ausbreiten. Diese Schallwellen lassen sich mit unseren Instrumenten messen", sagt Schneider.

Für die Schüler sei das ein tolles Erlebnis. "Die meisten anderen Versuche zu diesem Thema haben wenig Bezug zur Praxis und stammen oft aus den 1920-er Jahren. Wir sind deutschlandweit die einzige Schule, die über derartige Geräte verfügt und die Experimente anbieten kann", sagt Schneider stolz. Möglich geworden sei das durch eine Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen (FAU) und der Bayer-Stiftung.

"Die Uni gibt uns das Know-how, von Bayer haben wir das Geld bekommen", erläutert er. Die optischen Instrumente, sogenannte Interferometer, kosten immerhin rund 1800 Euro pro Stück. Das Leibniz-Gymnasium sei inzwischen mit acht Geräten ausgerüstet. "Die Schüler wissen um den Wert und schätzen ihn. Ohne dass man sie dazu ermahnen muss, gehen sie extrem sorgfältig und vorsichtig mit den Instrumenten um", lobt der Pädagoge.

Bei einer Fortbildung hatte der Physiklehrer vor rund drei Jahren erfahren, dass an der FAU eine Reihe von Versuchen zur Quantenphysik für Schüler entwickelt worden sind. Er besuchte das Institut und probierte alle Experimente selbst aus. Im vergangenen Jahr ist daraus der Modellversuch entstanden, der moderne Physik an die Schule bringt und Schülerexperimente im Unterricht möglich macht.

Mit dem Michelson-Interferometer - benannt nach dem US-amerikanischen Physiker Albert A. Michelson - können die Schüler den Laserstrahl aufspalten und die Interferenz messen, die bei allen Arten von Wellen auftritt. "Das ist großartig, denn die Schüler können schon kurz vor dem Abitur so arbeiten, wie es sonst erst an der Universität möglich wäre", erklärt Schneider. Er ist sicher, damit viele Jugendliche für sein Fach begeistern zu können. "Bei unseren Ehemaligentreffen stelle ich fest, dass etliche Ex-Schüler sich für technische Berufe oder Studiengänge entschieden haben. Sicher auch ein Verdienst der großen Praxisnähe unseres Unterrichts", sagt der 49-Jährige.

(NGZ)
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