Dormagen Kreisarchiv kauft seltenes NSDAP-Mitgliederbuch aus Zons

Dormagen · Gestern war "ein wichtiger Tag für das Archiv im Rhein-Kreis Neuss", wie der Leiter, Stephen Schröder, erklärte: "Wir erhalten für die Forschung ein seltenes Buch, das unspektakulär aussieht, aber hoch wichtige Informationen enthält." Heinz Pankalla, ehemaliger Leiter des Dormagener Stadtarchivs, hat dem gemeinsamen Archiv von Rhein-Kreis, Dormagen und Rommerskirchen ein ihm privat übergebenes Mitgliedergrundbuch der NSDAP-Ortsgruppe Stürzelberg-Zons überlassen.

Diese außergewöhnliche Quelle enthält neben personenbezogenen Daten wie Name, Wohnort, Geburtsdatum, Beruf und Tag des Parteieintritts auch zahlreiche Bemerkungen über die Jahre 1938/39 in Dormagen. "So nah kommt man selten an die Einzelheiten des Ortslebens im Dritten Reich", betonte der Archivleiter die große Bedeutung dieses Buches, das für die wissenschaftliche Erforschung der lokalen Verankerung der Nationalsozialisten - nach Benutzungsordnung und Archivgesetz - und nicht zur Namenssuche freigegeben wird.

In den Besitz des Buchs kam Pankalla bei seiner Recherche zur Nazi-Zeit Anfang der 1980er Jahre nach Gesprächen mit einem Dormagener, der ihm das Buch gab - mit der Auflage, zehn Jahre nach dessen Tod abzuwarten. "Jetzt ist mehr Zeit vergangen", erläuterte Pankalla, der die wertvollen Infos aus der Nazi-Zeit der Nachwelt erhalten will - was Landrat Hans-Jürgen Petrauschke ("Wir müssen uns an unsere Geschichte erinnern") und Kreiskulturdezernent Tillmann Lonnes ("Wir sind froh, dieses Buch im Archiv zu haben") mit der Kaufsumme von 1500 Euro unterstützten.

Mit dem Geld will Pankalla soziale Projekte für Kinder mit Migrationshintergrund fördern: "Das ist nur richtig, dass eine Nazi-Archivalie dazu dient, Migrantenkindern zu helfen." Als erstes Projekt wird die multikulturelle Mädchengruppe von Gisela Dornbusch mit 500 Euro gefördert. Und so trugen "ihre Mädchen" Niat (18) aus Erithrea, Ramina (15) aus Sri Lanka und Yasemine (19) aus der Türkei ihre Gedanken zu Krieg, Frieden und Flüchtlingen im Kreisarchiv vor. "Einen doppelten Glücksfall" nannte Dormagens Bürgermeister Erik Lierenfeld die Übergabe: "Es ist wichtig, solche Dokumente im Archiv zu sichern - und toll, dass mit dem Geld wichtige Projekte gefördert werden."

(cw-)
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