Dormagen Jugendstil-Schönheiten aus Zinn und Glas im Kreismuseum

Dormagen · Morgen startet die Dauerausstellung mit 96 wertvollen und prächtigen Exponaten.

 Museumsleiterin Karina Hahn freut sich über das besondere Exponat: eine Schale von Orivit, die 1900 bei der Weltausstellung in Paris gezeigt wurde.

Museumsleiterin Karina Hahn freut sich über das besondere Exponat: eine Schale von Orivit, die 1900 bei der Weltausstellung in Paris gezeigt wurde.

Foto: G. Salzburg

Wer bislang glaubte, Accessoires für Wohn -, Schlaf- oder Esszimmer seien Erfindungen von Designern und Lifestylern der neueren Zeit, für den lohnt sich ab morgen der Besuch im Kreismuseum in Zons. Unter dem Titel "Zinn und Glas - wie schön ist das" wird Schönes aus der Jugendstilzeit von vor gut 110 Jahren gezeigt. "Bei Adel und Großbürgertum waren hochwertige Wohnaccessoires weit verbreitet, und die einfachen Bürger strebten dem nach", erzählt Museumsleiterin Karina Hahn. Eine im Jugendstil sehr beliebte Materialkombination war die von Zinn und Glas. 96 Exponate sind in der auf zwei Jahre angelegten Dauerausstellung zu sehen.

Viele der in der Ausstellung präsentierten Produkte gehören zur Kategorie der Geschenkartikel oder Galanteriewaren und dienten vorrangig zur Repräsentation. Zu ihren Käufern gehörte das Bürgertum, das sein Leben nach dem Vorbild des Adels bzw. Großbürgertums ausgestalten wollte. Daher spielte die Ausstattung der Wohnung - von der Tapete und dem Fußboden über die Möbel bis hin zum Zierrat - eine wichtige Rolle. "Das sah dann so aus, dass viele Wohnungen gespickt waren mit vielen Kleinigkeiten, auf Tischen, Beistelltischen oder Schränken", sagt Hahn. Die Einrichtung der Wohnung ließ zugleich Rückschlüsse auf die Moral ihrer Einwohner zu. "Eine Krisis des Geschmacks ist daher zugleich eine moralische Krisis", so Joseph August Lux in seinem Vorwort "Geschmack im Alltag. Ein Lebensbuch zur Pflege des Schönen".

 Ein Wandteller aus Zinn, um 1900, vergoldet und versilbert.

Ein Wandteller aus Zinn, um 1900, vergoldet und versilbert.

Foto: Klaus D. Schumilas kds

Das Spektrum der 96 Exponate, die in der lichtdurchfluteten Halle ausgestellt sind, reicht von elegant und einfach bis prunkvoll und prächtig. Exemplare mit einfachen Einsätzen aus Glas, sogenannte "Fassware", finden sich neben kunstvollen Objekten mit Bunt-, Kristall- oder Überfanggläsern, die vom oft auch vergoldeten Zinn in filigranen Linien gleichsam umarmt werden. Bei einigen Objekten rückt das Metall fast ganz in den Hintergrund und bildet lediglich den Boden oder die Henkel.

Ergänzend präsentiert werden Zinnexponate mit Emailledekor, darunter Objekte von Archibald Knox für Liberty & Co., London. Die strahlende Farbigkeit des Glasflusses stellt dabei eine reizvolle Verbindung mit dem silbrigen Glanz des Zinns dar. Farbige Objekte sind die Ausnahme. "Grün herrscht vor, rot war offenbar schwieriger herzustellen." Ein Höhepunkt der Ausstellung ist nach Aussage von Museumsleiterin Hahn der Wandteller aus der Zeit um 1900 nach einem Entwurf von Hermann Gradl, die von der Orivit AG hergestellt wurde: Der Teller ist aus Zinn, vergoldet, versilbert und verniert (mit Lack zum Schutz von Silberwaren überzogen).

 Eine Jardiniere, Gefäß für Blumenschmuck aus Zinn und Glas von 1906.

Eine Jardiniere, Gefäß für Blumenschmuck aus Zinn und Glas von 1906.

Foto: Klaus d. Schumilas kds
 Eine Compotiere von Kayser aus dem Jahr 1903/04.

Eine Compotiere von Kayser aus dem Jahr 1903/04.

Foto: kds

Info Die Öffnungszeiten des Museums an der Schloßstraße 1 in Zons sind von Dienstag bis Freitag, 14-18 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertage 11-18 Uhr. Montags und vom 16. bis 28. Oktober wegen Ausstellungsumbau geschlossen. Eine öffentliche Führung gibt es am Mittwoch, 11. Oktober, 14.30 Uhr (fünf Euro).

(schum)
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