Dormagen Immer mehr Dormagener sind "Ü 80"

Dormagen · Am 3. August wird Emmi Sand 100 Jahre alt. Damit gehört sie zu der Bevölkerungsgruppe der Stadt Dormagen, die kontinuierlich wächst, nämlich derjenigen, die statistisch als die "Über-80-Jährigen" zusammengefasst werden.

 Emmi Sand fühlt sich wohl im Nievenheimer Seniorenzentrum. Ihr Bett macht sie morgens immer noch selber. Auch das Staubwischen gehört zum Tagesprogramm.

Emmi Sand fühlt sich wohl im Nievenheimer Seniorenzentrum. Ihr Bett macht sie morgens immer noch selber. Auch das Staubwischen gehört zum Tagesprogramm.

Foto: Lothar Berns

"Et kütt wie et kütt" lautet der Artikel 1 des kölschen Grundgesetzes. Und das hängt bei Emmi Sand gut sichtbar in ihrem Zimmer im Caritas-Seniorenzentrum Nievenheim. Dort lebt die 99-Jährige seit fünf Jahren und wird dort auch am 3. August ihren runden Geburtstag feiern: Emmi Sand wird 100 - "et kütt wie et kütt", sagt sie. 20 Gäste erwartet die Seniorin, darunter ihre 95-jährige Schwester Berti, die in Meerbusch-Lank lebt und mit der sie jeden Tag telefoniert. Weitere Verwandte hat sie nicht mehr. Der einzige Sohn wäre mittlerweile 76 Jahre, ist aber bereits mit 17 Jahren bei einem Unfall gestorben. Ein Freund des Sohnes kommt noch regelmäßig zu Besuch. "Zu dem sage ich oft, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, dass mein Sohn jetzt auch so ein alter Mann wäre", sagt Emmi Sand und lacht. Mit ihrem Mann Kurt hatte sie in Köln eine Metzgerei betrieben, bis er das Geschäft aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. 54 Jahre waren die beiden verheiratet, 1989 ist Kurt gestorben, "einfach eingeschlafen", sagt sie.

In der Bevölkerungsstatistik der Stadt Dormagen wird Emmi Sand bei den 3474 Menschen (Stand 31. Dezember 2014) geführt, die älter als 80 Jahre sind. Das ist eine Gruppe, die sich seit Jahren stetig vergrößert, weil die Lebenserwartung immer weiter ansteigt: Seit 1840 klettert sie in Deutschland nahezu konstant um drei Monate pro Jahr. Das hat vor allem mit zwei Errungenschaften des 20. Jahrhunderts zu tun: Kühlschrank und Antibiotika. Elf Menschen, die 100 Jahre und älter sind, lebten Ende 2014 in Dormagen. Ende 2015 werden es mit Emmi Sand dann vielleicht zwölf sein. Sieben Bundeskanzler hat die 99-Jährige erlebt, mit Angela Merkel (Nummer 8) gerade die erste Regierungschefin. Über Politik mag sie jedoch nicht reden, nur: "Die machen doch sowieso alle, was sie wollen." Als die Nazis an die Macht kamen, war Emmi Sand gerade 18, 1935 heiratete die Kölnerin, 1939 wurde Sohn Walter geboren. Während ihr Mann als Soldat in Russland kämpfen musste, zog sie mit dem Sohn in die Eifel und kehrte in ein zerstörtes Köln zurück.

2801 über 80-Jährige wies die städtische Statistik noch am 31. Dezember 2010 auf, vier Jahre später sind es knapp 20 Prozent mehr (3474). Das macht deutlich: Dormagens Zukunft sieht auch alt aus. Doch dem steht die Stadt nicht tatenlos gegenüber. Mit dem "Zukunftsplan 2030" will sie sich auf die vielfältigen Herausforderungen durch den demografischen Wandel einstellen. Und wird dabei nun unterstützt: Erst im April wurde bekannt, dass die Stadt eine von bundesweit 52 Kommunen - ausgesucht vom Bundesministerium für Bildung und Forschung - ist, die für den Wettbewerb "Zukunftsstadt" ausgewählt wurde (die NGZ berichtete). Ein Kernelement dieser Projektteilnahme ist die Einbindung der Bürger mit Passantenbefragung und Workshops.

Das einzige, was Emmi Sand sich für die Zukunft wünscht, ist weiterhin Gesundheit. Auch wenn sie mittlerweile einen Rollator benutzt, ist sie flott unterwegs, geht jeden Tag spazieren und nimmt zwei Mal in der Woche an den Gymnastikstunden teil. "Wenn hier was angeboten wird, bin ich immer dabei", sagt sie. Einen Stadtvertreter möchte sie an ihrem Ehrentag nicht sehen. "Die kenne ich doch eh nicht."

(NGZ)
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