Dormagen Dormagener Bäcker will kein Rassist sein

Dormagen · Das städtische Leibniz-Gymnasium kündigt einem Brötchen-Lieferanten, weil es dessen Geschäftsführer "hetzerische Aussagen gegenüber Flüchtlingen" vorwirft. Der weist die Vorwürfe zurück.

 Bäcker Werner Meuser wehrt sich gegen Rassismus-Vorwürfe.

Bäcker Werner Meuser wehrt sich gegen Rassismus-Vorwürfe.

Foto: Georg Salzburg

Werner Meuser fühlt sich missverstanden. Die Vorwürfe, er sei rechtsradikal, haben ihn tief getroffen. "Ich bin kein Rassist", sagt der 52-jährige Bäcker. Doch genau das werfen ihm Schüler des Leibnitz-Gymnasiums in Dormagen vor und haben deshalb dafür gesorgt, dass ihre Schule die Zusammenarbeit mit seinem Betrieb beenden wird. Meuser lieferte bisher täglich 300 bis 400 Brötchen und Teilchen in die Schulcafeteria. "Ich fühle mich deswegen angeschlagen", sagt Meuser.

Eine Neuntklässlerin hatte auf Facebook eine Reihe von Einträgen von ihm gefunden, die sie als ausländerfeindlich und rassistisch wertete. Das Mädchen wandte sich deshalb zunächst an die Schülervertretung (SV), die das Thema sofort aufgriff, nicht zuletzt, weil das Leibniz-Gymnasium seit 2013 den Titel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" trägt. "Wir haben die Schülerin gebeten, uns ihr gesamtes Material, meist Screenshots von der Facebook-Seite, zu geben und haben es dann überprüft", sagt Jonas Porting, Mitglied der SV und angehender Abiturient. Das, was sie sahen, war für die Schüler so eindeutig, dass sie beim Förderverein als Betreiber der Cafeteria beantragten, die Zusammenarbeit mit Meuser zu beenden.

In einem Facebook-Posting vom 29. Februar schreibt der 52-Jährige zum Beispiel: " . . .Wenn die Afrikaner uns überrennen, ist das anscheinend gut. Gut für die Ausrottung der eigenen Rasse. Der Suizid ist von mir nicht gewollt." In einem anderen Post schreibt er zum gewaltsamen Sturm von Flüchtlingen auf die Grenze von Mazedonien: "Wenn das Schule macht, überrennen uns die Afrikaner. Gutmenschen, wo sind die Blumen. Übergebt als erstes eure Heime." Meuser, der viele fremdenfeindliche Bilder oder Posts von anderen wiederum selbst auf seine Facebook-Seite stellte, kommentiert in einem Fall die Aussage eines Facebook-Users, "Wozu haben Polizisten eigentlich einen Schlagstock? Den würde ich diesen Wirtschaftsflüchtlingen quer übers Gesicht ziehen und dann in ein Flugzeug setzen und auf den Mars schicken" mit einem Klick auf den "Gefällt mir"-Button.

Diesen Eintrag und viele andere sammelte die Schülerin. Für Stefanie Börgeling ist der Fall klar: "Wir sind als Schule ohne Rassismus ausgezeichnet, da geht so etwas nicht." Die Vorsitzende des Fördervereins will in den Osterferien mit den Schülern der SV einen Brief an Meuser formulieren, in dem die Beendigung der Zusammenarbeit begründet wird. Die Schüler zeigten sich gestern von den Reaktionen überrascht. "Die Rückmeldungen, die ich erhalten habe, waren zustimmend", sagt Sara aus dem dreiköpfigen Schülersprecherteam. "Wir Schüler wenden uns gegen jede Form von Diskriminierung. Wenn das festgestellt wird, ist jeder Schüler aufgerufen, aktiv dagegen vorzugehen."

An dem städtischen Gymnasium gibt es eine Reihe von Initiativen und Projekte rund um das Thema Rassismus. "Aus der Schülerschaft heraus wurde eine Flüchtlings-AG gegründet, in der vor allem jüngere Schüler engagiert sind", so Sara. "Unser Band-Festival im vergangenen Jahr stand unter dem Motto ,Bunt statt braun'", sagt Schülersprecher Constantin. Viele Schüler helfen im Café Grenzenlos in einem Bürgerzentrum mit, geben dort seit Monaten in ihrer Freizeit Sprachunterricht für Flüchtlingskinder und für Erwachsene.

Die Bäckerei Meuser ist ein Traditionsbetrieb in Dormagen, gegründet 1882 von Meusers Urgroßvater. Der 52-Jährige, gelernter Bäcker und promovierter Tierarzt, beruft sich auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung. Er sagt: "Meine Facebook-Posts kamen aus der Angst heraus, dass wir in Deutschland überrannt werden. Wenn es keinen Flüchtlingsstopp gibt, haben wir in meinem Ortsteil einen Anteil von zehn Prozent."

Möglicherweise liegt seine Haltung auch an dem Vorfall, von dem er unserer Redaktion gestern berichtet: "Als ihn auf dem Feld in der Nähe seines Wohnhauses ein Mädchen um Hilfe bat, weil dessen Handy gestohlen wurde, habe ich drei junge Leute, offenbar Flüchtlinge, angesprochen. Sie haben mich attackiert und getreten. Zum Glück kam ein Polizist vorbei."

Bäcker Meuser hat "nicht erwartet, dass das Thema so hohe Wellen schlägt". Er habe nicht nur Äußerungen der AfD ("Zu der habe ich keine Nähe") auf Facebook geteilt, sondern auch von CSU oder FDP - der er politisch nahesteht, wie er angibt. Meuser hat seine persönliche Konsequenz gezogen: "Ich poste so etwas nicht mehr." Sein Facebook-Profil war gestern nicht mehr auffindbar.

(schum)
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