Das Sommerinterview (2) "Die Bruderschaft bestimmt unser Leben"

Dormagen · Christiane Baumer steckt zeitlich oft zurück - unterstützt ihren Mann, den Straberger Brudermeister Ulrich Baumer, trotzdem gern.

 Selbstbewusst und fröhlich trotz der zeitlichen Einschränkung durch das Brudermeister-Amt ihres Mannes: Christiane Baumer.

Selbstbewusst und fröhlich trotz der zeitlichen Einschränkung durch das Brudermeister-Amt ihres Mannes: Christiane Baumer.

Foto: L. Berns/Bruderschaft

Frau Baumer, hat es Ihr Leben stark verändert, dass Ihr Mann Ulli vor viereinhalb Jahren Brudermeister in Straberg wurde?

Christiane Baumer Ja, sehr. Er war sicher auch vorher als zweiter Brudermeister, Geschäftsführer und zweiter Kassierer in die Arbeit des Vorstands eingebunden, allerdings waren die Treffen nicht ganz so verpflichtend, es gab weniger repräsentative Termine. Jetzt bestimmt die Bruderschaft zu 80 Prozent unser Leben, da komme ich erst an zweiter Stelle... Wir stehen ständig unter Beobachtung, auch wenn wir mal privat weggehen. Jede Äußerung wird auf die Goldwaage gelegt, da schluckt man auch mal was runter...

 Christiane Baumer (l.) an der Seite ihres Mannes Ulli hinter dem Königspaar bei der Meldung durch Oberst May.

Christiane Baumer (l.) an der Seite ihres Mannes Ulli hinter dem Königspaar bei der Meldung durch Oberst May.

Foto: Bruderschaft

Das klingt eher negativ. Sind Sie gegen das Engagement Ihres Mannes?

Baumer Nein, überhaupt nicht, im Gegenteil: Ich unterstütze ihn gern dabei, da ich es wichtig finde, dass Schützengemeinschaft gelebt wird. Und schließlich hat er mich vorher gefragt, ob er den Posten anstreben dürfe (lacht). Ich habe sehr bewusst auch dazu "Ja" gesagt, weil ich weiß, dass Ullis Herz dranhängt. Aber mir ist es wichtig, dass die viele Arbeit, die ein Schützenvorstand, vor allem der Vorsitzende, das ganze Jahr leistet, gesehen und anerkannt wird.

Viele Schützen machen sich keine Vorstellung davon, welche Arbeit dahintersteckt, dass sie ihr fröhliches Fest feiern. Sollten sie mehr eingebunden werden?

Baumer Ein gut eingespielter Vorstand muss keine 50 Mitglieder haben. Allerdings müssen die anfallenden Arbeiten auch gut verteilt werden. Das funktioniert in Straberg gut. Mein Mann nimmt sich viel Zeit für die Vorbereitungen, auch das Ausarbeiten seiner Reden. Da ist er dann stundenlang nicht ansprechbar, wie er sowieso Tage vor den wichtigen Reden, wie der am Ehrenmal, sehr angespannt ist. Gerade im Jubiläumsjahr zum 150-Jährigen der Bruderschaft kamen viele Rede-Anlässe hinzu.

Lesen Sie die Reden gegen?

Baumer Er gibt sie unserer Tochter Johanna und mir vorher zum Lesen, damit wir ihm unverblümt unsere Meinung sagen. Und das tun wir dann auch (lacht).

Wie reagieren Sie, wenn Sie mit "Frau Brudermeister" angesprochen werden?

Baumer Das mag ich gar nicht, schließlich ist es ja mein Mann, der diese Funktion hat, nicht ich. Ich bleibe weiter Christiane für Freunde - da brauche ich keinen Titel. Ich nehme mir die Freiheit, auch mal an der Theke Freunde zu treffen.

Aber Sie sind doch in die Arbeit mit eingebunden, nicht nur, indem Sie Ihrem Mann den Rücken freihalten...

Baumer Ja klar, auch wenn ich mich lieber im Hintergrund halte, bin ich Sekretärin, Begleiterin, Helferin... Und ich helfe, indem ich auf der Bühne schaue, ob alles parat ist, der Wein da steht, Ulli auch mal Mineralwasser trinkt... Und natürlich kümmere ich mich gern mit um die Königspaare, wobei das keine Pflicht, sondern Kür ist. Ich habe durch das Amt meines Mannes die Chance, die Königspaare intensiver kennenzulernen als vielleicht andere Straberger oder Festbesucher. Das waren immer sehr schöne Begegnungen. Als Königin 2001/02 kann ich Erfahrungen weitergeben.

Die Frau des Brudermeisters zu sein, ist also nicht nur negativ?

Baumer (lacht) Nein, natürlich nicht. Da überwiegen die vielen positiven Erlebnisse und Begegnungen für mich, nicht nur durch die tollen Kleider, die das Repräsentieren mit sich bringt. Es ist eben ein sehr zeitintensives Hobby meines Mannes. Ich kann es sogar empfehlen, nur müssen die Partnerinnen der Brudermeister und Vorsitzenden vorher wissen, dass dieses Amt das Familienleben einschränkt.

Sind Sie bei allen Terminen dabei?

Baumer Nein, nicht bei allen. Aber ich begleite meinen Mann gern an Schützenfest und zu besonderen Gelegenheiten. Gottestracht und Schützenfest in Straberg sind Termine, an denen wir unseren Urlaub machen - mit der Vorbereitung gehen da fast alle Urlaubstage für drauf. Diese beiden Feste sind aber gesetzt und für mich auch ok. Wo ich protestiere, ist, wenn wichtige Familienfeiern mit Schützenversammlungen kollidieren. So steht schon fest, dass Ulli wegen der Hochzeit meines Bruders nicht an der Generalversammlung teilnehmen kann. Da geht dann die Familie mal vor.

Würden Sie Ihren Mann gern auch bei den Umzügen begleiten? Wie sehen Sie die Diskussion um Frauen als aktive Marschierer?

Baumer Nein, ich bin emanzipiert, aber Frauen in Uniform finde ich nicht gut. Straberg geht den richtigen Weg, indem die aktive Teilnahme nur Männern vorbehalten ist. Dass ich nicht mitmarschieren kann, schmälert überhaupt nicht mein Selbstwertgefühl. Ansonsten sind wir Frauen ja überall mit dabei.

Sie stammen aus Delhoven. Sind Sie dort beim Schützenfest anzutreffen?

Baumer Da gehen wir gern hin, weil wir dort ungezwungen feiern können. Ich kenne noch viele aus meiner Jugend, obwohl meine Eltern keine Schützenfest-Fans waren. Wir sind über Delver Kirmes früher immer weggefahren. Da habe ich mir geschworen: Ich will einen Mann, der Schütze ist - und was für einen ich da bekommen habe!

CARINA WERNIG FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(NGZ)
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