Dormagen Delrather Willi Janßen malt auch aus Protest

Dormagen · Der 75-Jährige ist ein Spätberufener, der Kunst widmet er sich erst seit rund fünf Jahren. Eines seiner Bilder ziert die Synagoge in Düsseldorf, acht weitere schenkte er soeben einem jüdischen Gymnasium.

Willi Janßen ist ein Mensch, der Andere zum Staunen bringen kann. Das fängt schon bei seiner beruflichen Vita an. Der Delrather war in seinem Leben u.a. Facharbeiter in metallverarbeitenden Betrieben und Betreiber von drei Imbissstuben, er arbeitete für die Lufthansa und war als Unternehmer für namhafte Firmen als Vertreiber von Textilfabrikaten tätig. Er ist viel in der Welt herumgekommen und kann auch davon allerhand Kurioses erzählen. "In Dubai habe ich dem Königshaus Kaschmir verkauft", berichtet er zum Beispiel. Nicht minder ungewöhnlich ist sein Zugang zur Kunst. Der 75-Jährige ist ein Spätberufener, denn er malt erst seit rund fünf Jahren. Die kurze Zeitspanne nutzte er jedoch zur Kreation einer beeindruckend großen Zahl von Werken. Trotzdem kann sich deren Qualität sehen lassen. Umso erstaunlicher, dass Janßen auf die Frage nach seiner künstlerischen Ausbildung nüchtern antwortet: "Ich bin Autodidakt."

Dass er Talent hat, zeigte sich zwar schon zu Schulzeiten, doch schlummerte es jahrzehntelang vor sich hin. Erst nach Ende seiner Berufstätigkeit erweckte Willi Janßen es zum Leben. Ein starker Motor ist sein Gerechtigkeitsempfinden. "Ich möchte protestieren", sagt er - gegen die Zumutungen der Politik, gegen falsche Versprechungen, gegen soziale Missstände. Nach Themen braucht er nie lange zu suchen, die liefert ihm das Weltgeschehen, "alles, was in der Zeitung steht", wie er es ausdrückt. Die Terroranschläge im vergangenen Jahr in Paris hat er ebenso verarbeitet wie den Krieg in Syrien und die Flüchtlingskrise, und auch das Elend vieler Menschen in Afrika beschäftigt ihn stark. Das Malen - meistens mit Pinsel oder Spachtel und mit Acrylfarbe - dient ihm dabei auch teilweise zur Verarbeitung der Seelenpein.

Seine Besuche in verschiedenen ehemaligen Konzentrationslagern wie Dachau und Buchenwald spiegeln sich fast zwangsläufig in Bildern wider. Eines seiner Werke, das sich mit dem Holocaust beschäftigt, hängt im Foyer der jüdischen Synagoge in Düsseldorf. Ganz aktuell ist eine Schenkung an das erste Jüdische Gymnasium in Nordrhein-Westfalen, das am Mittwoch in der Landeshauptstadt in Anwesenheit von NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann und Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel eröffnet wurde - Janßen vermachte der Schule acht seiner Bilder. Darunter auch eine seiner jüngsten Anfertigungen, die sich mit dem Land Nordrhein-Westfalen, dessen 70. Geburtstag und seinen typischen Seiten beschäftigt.

Zwar verkauft der Delrather auch einen Teil seiner Kunst, das meiste jedoch gibt er kostenlos ab. Damit die Gemälde nicht in der Versenkung verschwinden, sondern gesehen werden, wie er zur Begründung sagt. Zumal er finanziell nicht auf Erlöse angewiesen ist. Der Düsseldorfer, der seit 15 Jahren in Dormagen lebt, hatte im März auch einige seiner Schöpfungen dem Bettina-von-Arnim-Gymnasium für eine Ausstellung zur Verfügung gestellt, die von den Schülern selbst kuratiert wurde. Bei dieser Gelegenheit war es mal an Janßen, über Andere erstaunt zu sein. "Denn was die Schüler alles in meinen Bildern gesehen haben, das hat mich schon beeindruckt", erzählt er.

(NGZ)
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