Dormagen CDU will Koalition mit Zentrum und FDP

Dormagen · Das Modell mit wechselnden Mehrheiten ist selbst für Bürgermeister Erik Lierenfeld gescheitert. Der ist sauer auf die CDU und sagt: "Es ist Zeit, über Alternativen nachzudenken." SPD und Grüne halten sich noch zurück.

 Nicht nur in der CDU - hier mit Fraktionsvorsitzendem André Heryschek (l.) und Vize Jo Deußen - wird an möglichen Kooperationen gebastelt. Die politische Struktur wird nach dem Sommer wahrscheinlich eine andere sein.

Nicht nur in der CDU - hier mit Fraktionsvorsitzendem André Heryschek (l.) und Vize Jo Deußen - wird an möglichen Kooperationen gebastelt. Die politische Struktur wird nach dem Sommer wahrscheinlich eine andere sein.

Foto: Lh

Seit Wochen sind CDU, Zentrum und FDP miteinander im Gespräch. Jetzt soll es bis zur Sommerpause konkret werden und ein offizielles Bündnis geschmiedet werden, eine "Koalition der Einladung für eine bürgerliche Politik", wie es CDU-Fraktionsvorsitzender André Heryschek formuliert. Eine Mehrheit im Rat hätte das Dreier-Bündnis nicht - mit 21 Stimmen fehlten zwei Stimmen. Auch Bürgermeister Erik Lierenfeld (SPD) ist unzufrieden und glaubt an eine neue Ausrichtung: "Ich muss mir Gedanken darüber machen, wie man die Arbeit künftig organisiert. Ein ,weiter so' wie bisher fällt schwer." Zur "gegebenen Zeit" müsse man mit Koalitionspartnern sprechen. Lierenfeld: "Wir haben einen bunten Rat, da ist vieles möglich."

Seit der Amtseinführung Lierenfelds im vergangenen Juli arbeitet der Stadtrat ohne Koalition und Opposition. Die sechs Fraktionen hatten damals einen "Neustart der politischen Arbeit" vereinbart, der auf dem Wunsch des Bürgermeisters fußt, mit wechselnden Mehrheiten arbeiten zu wollen. Die beste Idee soll sich in Dormagen durchsetzen. Dieses Konstrukt steht jetzt vor dem Aus. Die Ratssitzung heute vor einer Woche war offenbar der letzte Auslöser für ein Umdenken in den Fraktionen. Heryschek macht keinen Hehl daraus, dass er für einen klaren Schnitt ist: "In einer Koalition ist es leichter, eine klare Kante zu zeigen, und das ist mir lieber als ein fauler Kompromiss." Die Ratssitzung haben viele Ratsmitglieder als Chaos empfunden, mit zwei Sitzungsunterbrechungen, Beschimpfungen, Ablehnungen von Beschlussvorschlägen des Bürgermeisters. In der jetzigen Konstellation sieht Heryschek einen "riesigen Abstimmungsaufwand mit den anderen Fraktionsvorsitzenden". Im Verhältnis zur SPD gebe es "atmosphärische Störungen", zudem habe Lierenfeld seine bisherige Linie des "wertschätzenden Miteinanders" verlassen. Mit der FDP arbeitete die CDU bereits in der vergangenen Wahlperiode in der "Jamaika"-Koalition, mit dem Zentrum harmoniert die personell neu strukturierte CDU bislang gut. Lierenfeld hingegen ist gerade vom CDU-Mann enttäuscht: Er wirft Heryschek vor, eine Blockadehaltung ihm gegenüber zu entwickeln, "dafür gibt es drei, vier Beispiele." Er warnt: "Eine Mehrheit gegen den Bürgermeister zu organisieren ist schwierig."

Von der SPD heißt es, dass auch sie Koalitions-Gedanken hegt, doch laut Fraktionsvorsitzendem Bernhard Schmitt sind aktuell keine Gespräche mit den Grünen als potenziellem Partner geplant. Er sagt aber auch, dass "wir nach dieser Ratssitzung etwas ändern müssen".

Das soll Gegenstand eines Gesprächs im Fraktionsvorstand in den nächsten Tagen sein. Der SPD-Fraktionschef sieht die aktuelle Entwicklung skeptisch: "Eine 23-Stimmen-Mehrheit hinzubekommen ist eine schwierige Aufgabe." Für eine Koalition unter SPD-Führung mit Grünen, Piraten/Linken "fehlt mir die Fantasie. Die Wahlprogramme der Parteien sind doch sehr unterschiedlich". Mit Bürgermeister käme man auf 22 Stimmen - eine zu wenig.

Die potenzielle Partnerin, die Grünen, sind zurückhaltend: "Das bringt doch nichts", sagt Sprecher Tim Wallraff, "wir hätten keine Mehrheit". Er ist ein Verfechter der wechselnden Mehrheiten: "Total sinnvoll. Derzeit haben die anderen Fraktionen noch nicht verstanden, damit richtig umzugehen". Und eine Große Koalition? "Davon halte ich nichts", sagt Schmitt. Wallraff bringt als Gedankenspiel ein anderes Bündnis ins Spiel: Grüne, FDP, Piraten/Linke als Kooperation der Kleinen für eine "sachorientierte, wertschätzende Politik".

(NGZ)
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