Dormagen Besucher werfen einen Blick ins Verlies

Dormagen · Hochbetrieb herrschte beim Denkmaltag in Zons. Denn es wurden Türen geöffnet, die sonst verschlossen sind.

 Da konnte einem schon eine Schauer über den Rücken laufen. Kreisarchivar Stephen Schröder zeigt den Besuchern, wo Ganoven untergebracht waren.

Da konnte einem schon eine Schauer über den Rücken laufen. Kreisarchivar Stephen Schröder zeigt den Besuchern, wo Ganoven untergebracht waren.

Foto: ati

Anhand der Burganlage Grundsätzliches über die damalige Zeit und politische Lage zu entfalten, das liegt Kreisarchivar Stephen Schröder am Herzen. Und deshalb ging es beim von ihm geführten Rundgang durch die Burg Friedestrom am gestrigen Tag des Offenen Denkmals weniger um einzelne Merkmale der Burg als um das große Ganze. Etwa darum, dass der Kölner Erzbischof Friedrich von Saarwerden Zons nicht nur der wichtigen Zolleinnahme wegen zur Festung ausbauen ließ, sondern auch strategisch dachte. "Zons war ein Teil des kurkölnischen Burgengürtels, ein Bollwerk gegen die Grafen von Berg und die Herzoge von Jülich", sagte er.

Beim Aufstieg durch den Torturm weist Schröder auf die Wände, " bis zu 1,70 Meter dick und aus Basalt und Tuffsteinen gemacht". Oben auf dem Wehrgang, auf dem Dach des "stumpfen Turms" - der war nämlich kein Eckturm - schweift der Blick der Besuchergruppe über das Deichvorland, während der Historiker vom "ambivalenten Verhältnis der Stadt zum Fluss" spricht. Ohne den Rhein hätte es die Zollfeste Zons nicht gegeben, die verheerenden Kräfte des Wassers kosteten die Bewohner aber regelmäßig Leib und Leben.

Auch die im Pflaster der Hauptburg nachempfundenen Kirchenfundamente sieht man vom Wehrgang beim Blick nach Osten, in westlicher Richtung wächst der imposante Juddeturm empor. Er sicherte die Burganlage gegen die Bürger und spiegelt damit einen für die damalige Zeit typischen Konflikt wieder.

Davon erzählt Kreisarchiv-Mitarbeiter Peter Ströher, der am Sonntag gleich vier Mal Besucher durch den ehemaligen Gefangenenturm führt. Die wohlhabenden mittelalterlichen Bürger, so Ströher, strebten in den Städten nach Autonomie und probten auch schon mal den Aufstand. Um solches zu verhindern, hatten die erzbischöflichen Wachen die Zonser vom Juddeturm aus fest im Blick - und mit dem Verlies im Turm auch gleich eine Unterbringung für Unruhestifter. Die vierjährige Luise, mit Papa Thomas unterwegs, späht ehrfürchtig in das mit einem Gitter versperrte Loch, das sich noch bis ins 19. Jahrhundert die Zonser Ganoven teilen mussten - ohne Luft, Licht und Toilette.

Wenngleich die Stadt Dormagen mit Funden aus der Stein- und der Römerzeit Geschichtsträchtiges zu bieten hat, konzentrierte sich das Geschehen am Sonntag hauptsächlich aufs mittelalterliche Zons. Angelika Dappen von den Kultur- und Heimatfreunden Zons ließ Besucher in die Kapelle "Maria von den Engeln" am Rheintor schauen, die 1860 als Hauskapelle für Franziskanermönche gebaut wurde. Später zogen im benachbarten Kloster Schwestern ein.

"Um unbehelligt von männlichen Blicken vom Kloster in die Kapelle huschen zu können, mussten die Nonnen über eine kleine eiserne Leiter klettern", erklärt Dappen. Weitere Schauplätze am Denkmaltag waren gestern das Kloster Knechsteden mit seiner Basilika und der Berger Hof in Gohr, wo Archäologe Jost Auler steinzeitliche Funde präsentierte.

(NGZ)
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