Dormagen Berührende Erinnerung an Opfer des Nazi-Terrors

Dormagen · Schüler der Realschule Hackenbroich und des BvA-Gymnasiums gestalten Gedenkfeier zur Reichspogromnacht mit.

Es waren wohl mehr als 100 Menschen, die gestern bei der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht vor 77 Jahren auf dem Jüdischen Friedhof an der Krefelder Straße ein beeindruckendes Zeichen gegen Ausgrenzung und Unterdrückung setzten. Und doch war es nicht nur die große Zahl der Anwesenden, sondern vielmehr die Mitwirkung so vieler junger Dormagener, die die Hoffnung nährt, dass sich Verbrechen wie die Judenvernichtung im Dritten Reich in Deutschland nie mehr wiederholen.

Kai Richrath von der Realschule Hackenbroich sprach davon, sich der Aufgabe stellen zu wollen, vor der seine Generation mit Blick auf die deutsche Vergangenheit steht: "Wir dürfen die Zeit des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit gerasten lassen. Die Mörder von damals dürfen ihr Werk nicht vollenden." Cedric Bardowiek und die Geschwister Julia, Corina und Moritz Thiem (alle Bettina-von-Arnim-Gymnasium) schilderten ihre Erfahrungen beim Austausch mit Jugendlichen aus ihrer israelischen Partnerschule in Kiryat Ono. Bei einer gemeinsamen Tour durch Dormagen und Zons sei die Stimmung anfangs heiter gewesen. Doch als sich Einblicke ins "jüdische Dormagen" ergaben und die Gräuel des Nazi-Terrors bewusst wurden, seien auf beiden Seiten Tränen geflossen, berichtete Bardowiek. Er empfinde es als großes Glück, "dass deutsche und israelische Jugendliche heute Freundschaft und sogar Liebe teilen dürften". David Hasler, Klara Tolic und Maria Milano vom BvA trugen einen nachdenklich stimmenden Song von Max Herre vor ("Berlin-Tel Aviv"); für einen passenden musikalischen Rahmen sorgte auch der engagierte Dormagener Musiklehrer Sven Jungbeck, der sich selbst mit Gitarre und Mundharmonika bei dem Stück "Jerusalem" des Country-Sängers Steve Earl begleitete.

Zuvor hatte Bürgermeister Erik Lierenfeld in einer nach eigener Aussage ganz bewusst etwas länger gefassten Rede den Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart geschlagen. Denn: "77 Jahre nach der Reichspogromnacht und 70 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz stehen in Deutschland Asylbewerberheime in Flammen", sagte Lierenfeld. Allein bis Ende August dieses Jahres seien bundesweit über 8000 rechtsextreme und fremdenfeindlich motivierte Straftaten aktenkundig geworden. Hier müsse der Staat hart durchgreifen und die Täter bestrafen, forderte der Bürgermeister: "Wachsam sein, gegensteuern, damit sich Geschichte nicht wiederholt - angesichts der aktuellen Entwicklungen in unserem Land ist das mehr denn je notwendig." Lierenfeld legte gemeinsam mit Uwe Schunder und anderen Mitgliedern des Partnerschaftsvereins Dormagen-Kiryat Ono ein Blumengesteck am Grab der Familie Dahl nieder, die 1941 von den Nazis deportiert worden war.

(NGZ)
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