Dormagen Aus Protest: Schützen laden Politiker aus

Dormagen · Es ist guter Brauch, dass Politiker bei Schützenfesten als Gast zu Parade, Festkommers und Festbällen eingeladen werden. Damit ist in Nievenheim jetzt Schluss: Die St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft lädt ab diesem Jahr keine Politiker mehr zu ihrem Schützenfest ein.

Dormagen: Aus Protest: Schützen laden Politiker aus
Foto: Hammer, Linda (lh)

Wie Brudermeister Detlef Spitzenberg mitteilt, sei dies eine Reaktion auf die "jahrelang anhaltende Vorgehensweise" von Politikern, Gesetzgebern und Behörden gegenüber Vereinen: "Extrem überzogene gesetzliche Auflagen, Steuern, Streichung aller Zuschüsse und Leistungen, behördliche Willkür, dies bringen die Vereine so langsam zum Sterben", betont Spitzenberg und weist darauf hin, dass seine Bruderschaft allein für die Sicherheitsauflagen zum Schützenfest jetzt 10 200 Euro ausgeben muss.

Spitzenberg bemängelt, dass ehrenamtliche Vereinsvorstände immer mehr in die gesetzliche Verantwortung und Haftung gedrängt würden: "Wir werden behandelt wie ein gewinnorientiertes Unternehmen und nicht wie ein gemeinnütziger Verein", kritisiert der Brudermeister für Nievenheim und Ückerath. Schützenvereine und Bruderschaften seien "eines der höchsten Kulturgüter" in der Stadt, engagierten sich seit vielen Jahrzehnten verlässlich im sozialen Bereich. "Warum werden solche gemeinnützigen Vereine und Organisationen besteuert", fragt Spitzenberg und fordert ein Umdenken der Politiker von der Bundes- über die Landes- bis zur Kommunalpolitik.

 Bei der Frühparade (o.) oder Fassanstich: Detlef Spitzenberg (rechtes Foto, l.) kann normalerweise viele Politiker begrüßen.

Bei der Frühparade (o.) oder Fassanstich: Detlef Spitzenberg (rechtes Foto, l.) kann normalerweise viele Politiker begrüßen.

Foto: LH/LBER

Es würden nun keine Politiker zum Nievenheimer Schützenfest gebeten. Ausnahme: Politiker, die Mitglied in der Bruderschaft sind, werden eingeladen. In Nievenheim könne die Bruderschaft nur dank der finanziellen Unterstützung einiger Geschäftsleute aufrechterhalten werden, so Spitzenberg: "Dieses versteuerte Geld nehmen uns Gesetzgeber und Behörden wieder ab."

Mit Verständnis reagiert Bürgermeister Erik Lierenfeld auf die Ankündigung: "Ich kann grundsätzlich den Frust der Vereine darüber verstehen, dass Hürden und Kosten für Veranstaltungen immer höher werden." Allerdings könne die 2012 getroffene Entscheidung, die Zuschüsse für kulturtreibende Vereine bis 2014 zu streichen, nicht rückgängig gemacht werden: "In unserer schwierigen Finanzlage können wir die Zuschüsse nicht wieder einführen, das würde auch der Landrat nicht erlauben", hält Lierenfeld die "Rolle rückwärts" für unmöglich. Aber er betont auch: "Nach wie vor halte ich es für einen Fehler, beim Ehrenamt zu sparen." Andere Lösungen müssten her. Der Bürgermeister, der seit einigen Jahren Mitglied der Bruderschaft in Nievenheim ist, setzt auf langfristigen Abbau der gesetzlichen und versicherungstechnischen Hürden durch Land und Bund: "Die Stadt will die Bescheide vereinfachen. Die Anträge sind bereits umgestaltet, und mit der Wiedereinsetzung des Büros für Bürgerschaftliches Engagement haben die Vereine wieder einen besseren Ansprechpartner."

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort