Dormagen Ärzte warnen vor Notfall-Tourismus

Dormagen · Der Hauptausschuss setzte sich einstimmig dafür ein, dass die Kassenärztliche Vereinigung von der geplanten Schließung der Notfallpraxis in Dormagen absieht. Das Praxisnetz befürchtet das Wegbrechen der Strukturen.

 Die 2005 eröffnete Notfallpraxis an der Elsa-Brändström-Straße in Hackenbroich soll nach KV-Plänen ersatzlos gestrichen werden.

Die 2005 eröffnete Notfallpraxis an der Elsa-Brändström-Straße in Hackenbroich soll nach KV-Plänen ersatzlos gestrichen werden.

Foto: L. Hammer/A. Tinter/ON

Wird die Notfallpraxis an der Elsa-Brändström-Straße, wie von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein geplant, geschlossen, müssten sich 10 000 Patienten im Jahr an andere Stellen wenden. "Das würde die funktionierenden Strukturen der medizinischen Versorgung in Dormagen belasten", betonte Dr. Peter Tosetti vom Praxisnetz Dormagen im Hauptausschuss. Das führe zu einer Überlastung der Notfallambulanz des nahegelegenen Kreiskrankenhauses Dormagen und einem unzumutbaren Kranken-Tourismus der Dormagener. "Die gut ausgelastete Dormagener Notfallpraxis ist als einzige im Rhein-Kreis auch in den Nachtstunden geöffnet, so dass sich Patienten darauf verlassen können, dass sie außerhalb der Sprechstundenzeiten der Ärzte dort behandelt werden", erklärte Tosetti.

Einstimmig forderten die Politiker im Hauptausschuss die Verantwortlichen auf, "von der geplanten Schließung der Notfallpraxis in Dormagen aufgrund der örtlichen Bedingungen abzusehen und den Erhalt der Notfallpraxis und eine wohnortnahe Versorgung von Notfallpatienten sicherzustellen." Bürgermeister Erik Lierenfeld hatte auf den "enormen Widerstand" hingewiesen, der seit dem Bekanntwerden der KV-Pläne zu verzeichnen war (die NGZ berichtete). CDU und SPD hatten zwei Anträge gestellt, die Schließung der Notfallpraxis zu verhindern, dazu hatten sich Bürgermeister Lierenfeld und Landrat Hans-Jürgen Petrauschke für deren Erhalt stark gemacht.

 Dr. Ralph Goldschmidt kämpft für den Erhalt der Notfallpraxis.

Dr. Ralph Goldschmidt kämpft für den Erhalt der Notfallpraxis.

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Nach einer Schweigeminute für die Opfer des Flugzeugabsturzes hatten Dr. Tosetti und Dr. Ralph Goldschmidt am Dienstagabend dem Hauptausschuss von den seit zehn Jahren gut funktionierenden Strukturen der ärztlichen Versorgung wohnortnah und rund um die Uhr in Dormagen berichtet. "Daran müssen wir festhalten", sagte Dr. Goldschmidt, der eine Ausgliederung des Notfalldienstes aus der Gesamtvergütung vorschlug: Eine Vergütungsvereinbarung mit den Krankenkassen sollte das bis Ende März gezahlte Notfallhonorar sichern. "Vertraglich ist eine feste Notfalldienstvergütung als Einzelleistung zu vereinbaren", forderte Goldschmidt. "Es gibt keinen Grund, die am besten funktionierende Praxis zu schließen, schon gar keinen wirtschaftlichen", so Tosetti.

Zwar hatte die Ärztekammer die Notfalldienstreform der KV abgelehnt, allerdings sei das kein Garant dafür, dass diese Reform gar nicht komme, sondern nur ein Aufschub, so Dr. Tosetti. Die Ärztekammer forderte eine Vielzahl weiterer Prüfungen, damit sich die Bürger darauf verlassen könnten, dass in zumutbarer Entfernung "in der bewährt hohen Qualität die notwendige ärztliche Versorgung zur Verfügung steht" - das bedinge eine effektive und effiziente Organisation des Notfalldienstes - bei leistungsgerechter Honorierung.

Krankenhausdirektor Ralf H. Nennhaus betonte, dass eine Schließung der Notfallpraxis sein Haus überfordern würde: "Das wären täglich 27 Patienten, für die ich keine Ärzte zur Verfügung hätte." Zudem wäre die Behandlung im Krankenhaus mit 105 Euro pro Tag teurer als die 30 bis 35 Euro in der Notfallpraxis. "Das liegt an unserem ganzheitlichen Ansatz, auch bei Untersuchungen", erklärte Nennhaus.

(NGZ)
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