Unsere Woche Was der Dinslakener Bürgermeister eigentlich mal erklären müsste

Dinslaken · Warum der Streit im Integrationsrat endlich offen diskutiert werden sollte, und wieso das Rathaus in der Angelegenheit auf unverständliche Weise agiert.

So, nu ist er Präsident - der Donald aus den USA. Und alle Welt - zumindest die, die den Glauben daran noch nicht verloren hat, dass Politik mit rationalen Maßstäben gemessen werden kann - sucht nach einer Erklärung fürs Unfassbare. Und diese Überlegungen kommen dann meist zu dem Ergebnis, dass das so genannte politische Establishment die tatsächlichen Bedürfnisse vieler Menschen aus den Augen verloren hat und - zweitens - offenbar nicht mehr in der Lage ist, seine Politik überzeugend zu erklären.

Nun liegt es uns völlig fern, die Dinslakener Verhältnisse mit denen, wie sie jenseits des großen Teiches zu verorten sind, zu vergleichen. Noch würden wir jemals auf den Gedanken verfallen, Dinslakens Bürgermeister, der ja schließlich zwei Wahlen gewonnen hat, mit der großen Verliererin Hillary Clinton in einen Topf zu werfen. Manchmal fragen wir uns aber schon, wie er sein politisches Handeln überzeugend erklären möchte.

Nehmen wir zum Beispiel mal den Streit im Integrationsrat. Das Gremium ging nach seiner letzten Sitzung auseinander in der - wenn auch nicht gerade großen - Hoffnung, dass ein von der Verwaltung moderiertes Gespräch zur Befriedung beitragen könnte. Ein paar Tage später erklärte eben jene Verwaltung, dass sie eines der streitenden Integrationsratsmitglieder mit einer Strafanzeige wegen Verleumdung verfolgen werde, weil dieses dem städtischen Integrationsbeauftragten Vorwürfe gemacht habe, die die Anzeige zum Schutz des Mitarbeiters unausweichlich mache. Damit setzte sie natürlich gleichzeitig das eindeutige Signal, dass ihr an Vermittlung nicht sehr viel gelegen sei.

14 Tage später erklärte die Stadt in dieser Woche nun, dass die Strafanzeige erstmal nicht erstattet werde, weil zuvor noch ein "befriedendes" Gespräch unter allen Beteiligten geführt werden solle. Hä? Wie jetzt? Oder, um es mit dem Ruhrgebietsphilosophen Herbert Knebel zu sagen: Wo bleibt denn da die Sinngebung?

Dieser Eiertanz öffnet der Spekulation Tür und Tor. Wird hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen und was will die Stadt mit der Androhung einer Strafanzeige eigentlich verhindern? Dass einer ihrer Mitarbeiter unzulässig in Misskredit gebracht wird? Oder vielleicht doch eher, dass eine offene Diskussion über den Streit im Integrationsrat geführt wird? Auch der Gedanke, dass die Stadt vielleicht gar nicht genug "Belastendes" in der Hand hat, um irgendeinen Staatsanwalt zu veranlassen, ihre Strafanzeige ernsthaft zu verfolgen, ist so abwegig nicht. Was bis jetzt an angeblich so schlimmen Vorwürfen gegen den Integrationsbeauftragten öffentlich bekannt geworden ist, legt das durchaus nahe.

Da sind im Rathaus schon ganz andere Anwürfe achselzuckend erledigt worden. Erinnert sei nur daran, wie der Bürgermeister mit Hilfe allerlei sprachlicher Spitzfindigkeiten erklärt hat, warum es sich beim Wort "Brunnenvergifter" nicht um eine Beleidigung handele und es deswegen auch nicht als solche gerügt werden müsse, als seine Erste Beigeordnete ein Ratsmitglied mit diesem Schimpf belegte.

Warum also nun diese Ehrpusseligkeit?

Wenn die Stadt tatsächlich Belege dafür hat, dass einer der ihren verleumdet worden ist, dann soll sie Anzeige erstatten und die Dinge juristisch klären lassen.

Etwas anderes täte aber viel mehr Not. Natürlich ist es Unfug, wenn die Offensive Dinslaken eine Ratssondersitzung fordert, um den Integrationsrat neu zu besetzen. Die Legitimation, ein demokratisch gewähltes Gremium abzusetzen und neu aufzustellen, hat der Rat zu Recht nicht. Wozu er allerdings legitimiert wäre und was er auch dringend tun sollte, wäre, eine offene Diskussion über die Hintergründe des Streits zu führen.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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