Voerde Was das Rheinland so herrlich absurd macht

Voerde · Konrad Beikircher war zu Gast der r(h)ein-kultur-welt im Rathaus Voerde. Er präsentierte sein aktuelles Programm "Bin ganz meiner Meinung". Das Publikum erlebte ein bissiges Kabarettprogramm.

Was macht das Rheinland so schön? Das rechtsrheinische Ufer, das mit seinen Burgen und Bergen nur so hübsch ist, damit der Linksrheinische die Aussicht genießen kann? Der Humor, der so herrlich absurd ist, weil er das Selbstverständliche benennt? Stimmt alles irgendwie, meint Konrad Beikircher. Aber das, was das Rheinland wirklich so schön macht, sind für den aus Südtirol gebürtigen "Vorsitzenden des rheinischen Missionswerks" drei Dinge aus der Tradition des "normalen Glaubens": Heilige, Kirmes, Reliquien.

Um die ranken sich nämlich zwischen Aachen und Mönchengladbach Geschichten, die, mit Verlaub, einen halben Kabarettabend füllen. Beikircher macht's in seinem aktuellen Programm "Bin ganz meiner Meinung". Damit hat er sogar schon strenggläubige Katholiken auf den Plan gerufen, die den Reliquienkult als "zentralen Glaubensinhalt" bezeichnen. "Tschuldigung, aber zentral ist für mich wohl eher die Bergpredigt", erklärt Beikircher. Und berichtet genüsslich davon, wie er in Bonn die Gelegenheit hatte, die Fingernagel-Reliquie der Heiligen Helena zu inspizieren: "Ganz eindeutig angeknipst und nicht geschnitten!"

Seit genau 50 Jahren ist Beikircher im Rheinland zu Hause, am Mittwoch wagte er "das Gefälle" zum Niederrhein nach Voerde. Die r(h)ein-kultur-welt lud zum Kabarettabend im großen Saal des Rathauses Voerde, der Kontakt zur Vereinsvorsitzenden Ulrike Haibach-Daniel besteht noch aus den Tagen, als der Bonner Gast in der früheren Voerder Buchhandlung war.

Der Niederrhein, das ist aber für Beikircher vor allem Hanns Dieter Hüsch. Ein Freund, ein väterlicher Mentor, einer der ihm beim WDR geholfen hat und dem Kollegenneid fremd war.

Von 1984 bis 1992 ließ Beikircher im Radio die Bäckersfrau Roleber mit Frau Walterscheidt über Gott und die Welt telefonieren. Was aus den beiden Endachtzigern geworden ist, erfuhr das Publikum zu Beginn des Abends. Die Bäckerei gibt es nicht mehr, die Witwe Roleber hat an ein modernes Beerdigungsinstitut vermietet: "die bestatten online über "Affnippel-App".

Womit Beikircher das Thema Reliquien schon auf den Weg gebracht hat. Deren Legenden liefern nämlich die besten Voraussetzungen, mit der dem Rheinländer innewohnenden Selbstverständlichkeit ins absurde gesteigert zu werden. Da gibt ein mitfühlender Dombaumeister den Heiligen Drei Königen die Gebeine von Dreien der 11 000 Jungfrauen mit in den Schrein (es wurden sechs Skelette gefunden), da wird die Heilige Adelheid von ihrer Kurzsichtigkeit geheilt und ihr Schwager, der Heilige Fielmann ist schon zur Stelle, und die in Prüm verehrten Sandalen von Jesus haben sich selbstständig auf den Weg von der Wüste zur Eifel gemacht. Klingt doch so logisch wie der Text von "Im Winter, da schneit es".

Typisch rheinisch halt. Und typisch Beikircher.

(RP)
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