Unsere Woche Von Chancen, die die Politik nutzen muss

Dinslaken · Warum Steuererhöhungen die Politik immer auch dazu verpflichten, mit dem Geld noch sorgfältiger umzugehen, und warum manche Debatten unbedingt öffentlich geführt werden sollten.

Steuererhöhungen pflegen den zahlungspflichtigen Bürger gemeinhin auf die Palme zu treiben. Aber auch diese Regel kennt offenbar Ausnahmen. Da haben Sozial- und Christdemokraten in der vergangenen Woche beschlossen, dem städtischen Haushalt mittels einer kräftigen Erhöhung der Grundsteuer frisches Geld zuzuführen - und was ist seitdem passiert? Nichts, jedenfalls nicht viel. Proteste blieben Mangelware. Wieso das so ist? Tja? Im besten Fall lässt sich daraus schließen, dass die Informationstour, die der Bürgermeister und der Kämmerer durch Dinslakens Stadtteile unternommen haben, von Erfolg gekrönt und die von den großen Fraktionen im Rat - wenn auch nur kurz und knapp - vorgetragene Begründung für die Notwendigkeit der Steuererhöhung so überzeugend war, dass der Bürger den Griff in seine Geldbörse toleriert. Im schlechtesten Fall muss man vermuten, dass der Bürger die Dinge noch gar nicht so recht realisiert hat und der große Aufschrei folgt, wenn ihm demnächst die neuen Steuerbescheide ins Haus flattern. Wie dem auch sei, die Erhöhung ist beschlossene Sache. Die große Mehrheit von Politik und die Verwaltung haben sie für unvermeidbar erklärt. Nun werden sie beweisen müssen, dass sie die gewonnenen finanziellen Spielräume auch tatsächlich zum Wohle dieser Stadt zu nutzen wissen. Die Chance haben sie verdient.

Sie werden sich allerdings auch daran messen lassen müssen, ob sie ihr Versprechen, dass es in dieser Wahlperiode keine weiteren Grundsteuererhöhungen geben wird, tatsächlich einhalten, denn daran, dass sich die finanzielle Lage der Stadt nachhaltig verbessert, sind berechtigte Zweifel angebracht. Und die Erfahrung lehrt schließlich, dass Politik nie erfinderischer ist, als wenn es darum geht, Argumente zu finden, um zu erklären, dass sie einmal gegebene Versprechen nun leider doch nicht einhalten kann. Fatal wäre es auch, wenn die Politik den Versuch unternehmen sollte, sich ohne Steueranhebungen durch die laufende Wahlperiode zu schleppen, um dann gleich nach der nächsten Wahl einen weiteren kräftigen Schluck aus der Pulle zu nehmen.

Mit der jetzigen Steuererhöhung hat sie, das sollte sie sich klar machen, gleichzeitig auch eine Verpflichtung übernommen. Sie muss unter Beweis stellen, dass sie mit Geld, das sie den Bürgern abknöpft, verantwortlich umgeht. Und das heißt eben nicht nur, dass sie Geld ausgibt und investiert, wo es sinnvoll ist. Es heißt genauso, dass sie dort, wo es möglich ist, spart, auch wenn der ein oder andere Einschnitt durchaus schmerzvoll sein kann.

Fatal ist übrigens auch das, was gerade im Integrationsrat geschieht. Jenseits aller juristischen und persönlichen Bewertungen zeigt sich, dass in Lohberg in der Auseinandersetzung mit dem gewaltbereiten Salafismus längst noch nicht alles aufgearbeitet ist. Diese Debatten müssen aber - gerade auch im Integrationsrat - geführt werden, wenn Integration gelingen soll. Und zwar öffentlich - und nicht hinter verschlossenen Türen.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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