Unsere Woche Vom Widerstand, den die Politik aushalten muss

Dinslaken · Der Baudezernent und Kämmerer hat Dinslakens Politik mit zwei nicht leicht zu lösenden Hausaufgaben in die Ferien geschickt. Warum bei der Frage, ob eine Lösung gelingt, viel von der Widerstandsfähigkeit der Politik abhängt, und warum wir möglicherweise eine spannende Debatte erleben werden.

Mein lieber Mann, da hat Dinslakens Baudezernent und Kämmerer Dr. Thomas Palotz der Dinslakener Politik zum Start in die Osterferien zwei dicke Eier ins Nest gelegt und ihr damit etwas mitgegeben, über das sie in der politfreien Zeit brüten kann. Alle dürfen gespannt sein, was aus diesen Eiern schlüpft.

In Sachen Mietwohnungsbau für Flüchtlinge hat's ja schon genug Aufregung gegeben, bevor die Politik mit dem Brüten begonnen hatte. Vier städtische Grundstücke im Außenbereich gibt's, so hat Palotz aufgezeigt, auf denen Mietwohnungen für Geflüchtete entstehen könnten. Eines davon liegt am Rande des Averbruchs und dessen Anwohner haben ihren Protest schon einmal unüberhörbar formulierte, bevor die Diskussion richtig angefangen hat. Und weil wir ja in Zeiten leben, in denen Politik gemeinhin geneigt ist, sich auch vom geringsten Widerstand sofort verschrecken zu lassen, haben Teile von ihr auch prompt reagiert.

Die CDU-Fraktion zum Beispiel, die gleich groß getönt hat, dass es mit ihr keine "Flüchtlingswohnhochburgen" geben wird. Oder auch einzelne Stimmen, wie die der beiden Stadtverordneten Jutta Frenk (UBV) und Dr. Rainer Holzborn (CDU)mit Wahlkreis im Averbruch, die in echter Politiker-Logik zwar darauf hingewiesen haben, dass noch nichts entschieden sei, weil die Politik noch diskutieren müsse, aber dann gleichzeitig mitteilten, dass sie sich schon vor dem Austausch der Argumente entschieden haben, gegen den Bau der Wohnungen auf dem Grundstück an der Südstraße zu sein. Soweit - so gut. Das Muster ist sattsam bekannt: Es gibt ein Problem. Die Verwaltung bringt eine Möglichkeit, es zu lösen, ins Gespräch. Widerstand der Bürger formiert sich, und die Politik zuckt - zurück.

Zugegeben, das ist jetzt arg verallgemeinernd. Natürlich ist dieses Verhaltensmuster nicht durchgängig bei allem und jedem in der Politik auszumachen, doch die Erfahrung lehrt, dass es immer mehr Verbreitung findet. Und das, machen wir uns nichts vor, ist mit dafür verantwortlich, dass das Vertrauen in die Politik schwindet, weil sie so den Eindruck vermittelt, dass sie arg schnell das Große und Ganze aus dem Auge verliert, wenn sie sich Einzelinteressen gegenüber sieht, die mit dem nötigen Nachdruck vorgetragen werden.

Mag ja sein, dass im speziellen Fall gute Gründe gibt, zu dem Ergebnis zu kommen, dass es nicht angeraten ist, auf dem Grundstück an der Südstraße Flüchtlinge anzusiedeln - oder jedenfalls nicht in diesem Umfang, doch sollte dieses Ergebnis am Ende einer - gern auch kontrovers geführten - Debatte stehen und nicht schon verkündet werden, bevor diese gelaufen ist.

Gleiches gilt für das Ansinnen des Kämmerers, die Grundsteuer kräftig zu erhöhen. Steuererhöhungen, keine Frage, sind immer unpopulär. Doch gibt's da - wie eigentlich immer im Leben - auch eine zweite Seite der Medaille. Mit Steuern finanziert eine Stadt Leistungen für ihre Bürger. Wenn's Geld nicht mehr reicht, gibt's nur zwei Möglichkeiten: mehr Geld beim Bürger einzufordern oder aber Leistungen einzuschränken.

Nun wird man immer und voller Inbrunst darüber streiten können, ob eine Kommune das Geld der Bürger für das Richtige ausgibt. Und natürlich wird es immer Bürger geben, die auf die Barrikaden gehen, wenn etwas gestrichen werden soll. Aber - und hier schließt sich der Kreis - die Kunst der Politik ist es herauszufinden, ob diese Leistung denn auch tatsächlich im Sinne des Gemeinwesens notwendig ist.

Dinslaken ist an einen Punkt gekommen, an dem es Zeit ist, sich an eine nachhaltigere Sanierung der Finanzen zu machen. Der Kämmerer meint, das geht nur mit einer kräftigen Steuererhöhung. Politik muss ihm in dieser Auffassung nicht folgen. Dann wird sie allerdings auch nicht umhin können, eigene Vorschläge zu machen und den daraus resultierenden Widerstand auszuhalten. Auch das ist ein Grund, warum wir gespannt sein dürfen, wie die politische Debatte nach den Osterferien weitergeht.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende und ein gesegnetes Osterfest.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: jörg.werner @rheinische-post.de

(RP)
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