Dinslaken Trio mit Ente und Bass mit Stimme

Dinslaken · Doppelkonzert der Jazz Initiative mit Duck Tape Ticket und Le Bang Bang im Ledigenheim.

 Duck Tape Ticket

Duck Tape Ticket

Foto: Lars Fröhlich

Sie ist originell und hat Wiedererkennungswert, aber fast hat man den Eindruck, diese drei Streichmusiker hätten ihre Gummiente auf der Bühne am Anfang ihrer Karriere als Mutmach-Maskottchen vor der eigenen Courage gebraucht. "Die Ente steht für die Narrenfreiheit", erklärt Cellist Veit Steinmann am CD-Stand nach dem Auftritt von Duck Tape Ticket im Rahmen der "Jazz in Dinslaken"-Reihe im Lohberger Ledigenheim.

Und so sympathisch wie das Gummitier auf der Bühne herüberkommt: Um als unkonventionell, anders, neu und richtungsweisend gut in Erinnerung zu bleiben, brauchen Paul Bremen (Violine, Viola), Anne-Sophie Dreyer (Viola) und Veit Steinmann (Cello) nur sich, ihre Instrumente und ihre Kompositionen. Sie bieten groovende Rhythmen, fließende Stilwechsel von Avantgarde bis Irish Folk, ein perfektes Zusammenspiel und einen Sound, der nicht nur durch ihr Alleinstellungsmerkmal als Streichertrio mit oftmals dominierender Bratsche im Jazz heraussticht. Am Sonntag kam das Dinslakener Publikum in einem Doppelkonzert der Jazz Initiative in den Genuss des Trios mit Ente, bevor im zweiten Teil des Abends das Duo Le Bang Bang nur mit Stimme und Kontrabass bekannte Stücke von Billie Holiday bis Nirvana zerlegte, uminterpretierte und in seinem ganz eigenen Stil quasi neu auf die Bühne brachte.

Drei spielfreudige Musiker, eine schweigsame Gummiente. Doch sie allein machen den Sound von Duck Tape Ticket nicht aus. Man sieht es den Instrumenten von Paul Bremen an - und hört es noch viel mehr -, dass sie eine Geschichte haben. Die Bratsche gehörte dem Onkel, die Geige ist noch viel länger in der Verwandtschaft. Es sind Charaktere, die man mit ihren Eigenheiten nimmt wie sie sind und gerade deshalb mag. Etwas rauchig, manchmal fast spröde, aber immer authentisch und lebendig.

Was nicht bedeutet, dass Anne-Sophie Dreyer auf der Bratsche nicht auch mal den Dämpfschlag benutzt, der auf Akustikgitarren im Folk der 60er Jahre populär war, und Bremen auf seiner Violine als E-Gitarrenersatz mit dem Plektrum Rock-Soli spielt. Bluesbratsche, Metalcello, Irish Fiddle. Steinmann lässt sein Cello singen wie eine Posaune kratzen und quietschen. Und dann spielt das Trio "News from Aleppo", ein instrumentales Klagelied, das nicht nur wegen seiner Aktualität unter die Haut geht. Dieses Trio braucht keine Ente, um in Erinnerung zu bleiben.

Und Le Bang Bang bräuchte eigentlich nicht die Coverversionen, auf die sie ihr Konzept aufbauen. Sven Faller, "der erste Bassist, der sich von einer Sängerin begleiten lässt", und Stephanie Boltz, die eben jenes über ihren Bühnenpartner sagt und stark genug ist, dem Solisten neben ihr mit Stimme und Bühnenpräsenz kontra zu bieten, setzen auf die Atmosphäre des Raumes, der zwischen einer hellen Frauenstimme und einem Kontrabass entsteht. Da ist genug Platz für das virtuose Spiel Fallers, genug Luft für Boltz perfekten Jazzgesang. Vor allem aber für Interpretation. Ob "Nature Boy" oder "Here comes the sun", die Songs sind so frei bearbeitet, dass man sie meist nur am Text erkennen kann. Beim schnell und groovend gespielten "Creep" von Radiohead hat man dann eher den Eindruck, man träfe hier auf die so besondere Frau, der gegenüber sich der Sänger des Originals als deplatzierter Außenseiter fühlt. Dafür verdichtet Le Bang Bang "Smells like Teen Spirit" durch die Wahrung des ursprünglichen Charakters zu einer Intensität, die den Hit noch einmal über sich hinauswachsen lässt. Richtig stark ist auch die: "Castle turned to sand". Und das ist eine Eigenkomposition von Sven Faller.

(RP)
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