Dinslaken Stufe zehn auf dem Applausbarometer

Dinslaken · Im Café Kostbar traf moderne Dichtung auf Rock und Pop auf Akustikgitarren.

 Auch Marie Ließ (l.) las ihre Texte in der Kostbar.

Auch Marie Ließ (l.) las ihre Texte in der Kostbar.

Foto: Erwin Pottgiesser

"Wenn Poetry Slam in anderen Städten funktioniert, warum nicht auch in Dinslaken?", fragte sich Joseph Rüffert und organisierte nach fünf Auftritten bei anderen Veranstaltungen mit "Poetry und Musik" am Freitag im Café Kostbar einfach selbst einen Slam-Abend. "Ich finde Poetry Slam cool", sagt der 17-Jährige - und da ist er nicht der einzige. Das Café war so voll, dass selbst die zusätzlich herbei geholten Stühle nicht ausreichten, damit jeder Zuschauer einen Sitzplatz hatte.

Der Name der Veranstaltung, die als monatlich stattfindende Reihe geplant ist, ist wörtlich gemeint: "Poetry und Musik" ist kein klassischer Poetry Slam, da hier der Wettbewerb fehlt. Nachdem Moderator Tim Perkovic die zehn Stufen des Applausbarometers getestet hatte, war die Bühne frei für die jungen Künstler - die meisten von ihnen waren erst 16 oder 17 Jahre alt - die bei aller Verschiedenheit eines gemeinsam hatten: Sie sind kreativ, begabt, selbstbewusst, haben etwas zu sagen und zeigen, dass Worte ihre Sprache sind.

Marc Strohm sinnierte über den schlimmen Spuk im Schülerkopf, auch Leistungsdruck genannt, und über G8, das er als "Gefängnis in acht Jahren" bezeichnete, Marie Ließ rebellierte mit "Die Matrix alias die Konditionierung" gegen all die "Ich muss" und "Das macht man so"-Phrasen. Kaj Väisänen, 15 Jahre alt und halber Finne, widmete sich den Leisen und Introvertierten und zeigte humorvoll, dass sie alles andere als Langweiler sind, sondern starke Stützen für die Gesellschaft, denn "Ruhe braucht jeder Mensch, mehr als den Lärm der Welt".

Joseph Rüffert machte sich sozialkritisch für die Außenseiter der Gesellschaft stark, tolerierte alles außer Intoleranz und appellierte an die Barmherzigkeit der Menschen. Michelle Kraft gab dem Publikum einen sehr ehrlichen Einblick in ihren eigenen Perfektionismus. Angst, nicht gut genug zu sein, brauchte sie am Freitag nicht zu haben - die Zuschauer waren von ihr und den anderen Poeten begeistert.

Dass auch Musik poetisch sein kann, bewies Sängerin Ylva, die mal mit Gitarrist Robin, mit dem sie das Duo "Ungekämmt" bildet, mal mit Max Schuster (ebenfalls Gitarre) zwischen den einzelnen Slams für berührende musikalische Momente sorgte. Lieder wie "I see fire" oder "No woman no cry" passten toll zu Ylvas ausdrucksstarker Stimme. Sie gab den Interpretationen einen eigenen Stil.

Das letzte Wort hatte Slammer Matthias Vogt. Als das Applausbarometer für die Künstler am Ende Stufe zehn erreichte, machte das die Wortakrobaten einen Moment lang sprachlos - zumindest bis zur wohlverdienten Zugabe.

Der nächste Abend "Poetry und Musik" findet am 1. Juli, Beginn 18 Uhr, im Café Kostbar statt.

(cor)
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