Dinslaken Stolpersteine gegen das Vergessen

Dinslaken · Gunter Demnik verlegte sie zum Gedenken an das Schicksal jüdischer Mitbürger in Nazi-Zeit.

 Gunter Demnig verlegte am Samstag auf der Neustraße Stolpersteine.

Gunter Demnig verlegte am Samstag auf der Neustraße Stolpersteine.

Foto: Erwin Pottgiesser

"Mein Vater hat Dinslaken nie vergessen können, er hat seine Heimat immer geliebt" - Tränen laufen Alizia Isaacson über die Wangen, während sie in englischer und deutscher Sprache die Geschichte ihrer Eltern und Großeltern aufzeigt. Ins Stocken gerät sie, als sie die Namen der Verwandten vorträgt, die nicht das Glück hatten, die Grausamkeiten der Nazis zu überleben. So verharrt auch Alizia Isaacson nicht nur vor den gerade verlegten Stolpersteinen für ihre Vorfahren, sondern ebenfalls an denen der anderen, den Steinen für die Geschwister Lore, Berthold und Hanna Elkan, Kurt Korona, Josef Axel-Thaler und Babette Fränkel sowie der Familie Mendel, Esther, Vera und Renate Baron. In ihrem Gesicht steht die Frage geschrieben nach dem "Warum". "Man soll über diese Steine stolpern, innehalten und gedenken", sagte der stellvertretende Bürgermeister Thomas Groß, die Steine seien mit Namen versehen, damit sie nie vergessen werden. Gegen dieses Vergessen kämpfen Anne Prior und ihr Verein Stolpersteine an, der am frühen Samstagmorgen zum vierten Mal durch den Künstler Gunter Demnig Stolpersteine für die "von den Nazis verschleppten, misshandelten, gefolterten und umgebrachten jüdischen Mitbürger" verlegen ließ. Diesmal mit ganz besonderen Gästen wie eben Alizia Isaacson, die mit ihrem Mann David aus Israel anreiste. Auch Pablo Steinberg, Neffe von Kurt Korona, war bei dem Gedenken an seinen Onkel zugegen.

Sein Stein, wie der für Josef Axel-Thaler und Babette Fränkel, ist am einstigen Standort des Israelitischen Waisenhauses zu sehen, in dem der Junge von 1932 bis zum 10. November 1938 lebte. Bis zu jenem Tag, an dem die Nazis unter den Augen der Bevölkerung, teilweise sogar mit deren Mithilfe, ihn und die anderen Kinder aus dem Haus trieben, stundenlang in der Kälte stehen ließen und erniedrigten. Die drei verlegten Steine stünden für die ersten drei Kinder des Waisenhauses, die erst nach Belgien verfrachtet und schließlich nach Auschwitz deportiert wurden, so Anne Prior.

An der Neustraße 49 wurde der Elkan-Kinder Lore, Berthold und Hanna gedacht. Während Lore die Flucht nach Großbritannien gelang, kamen Berthold und Hanna mit den Kindern des Waisenhauses nach Belgien. Hanna wurde gerettet, Bertholds kam ins Vernichtungslager. Zwar konnten Esther, Vera und Renate Baron mehrmals vor den Nazis fliehen, doch auch ihre Spur verliert sich in Auschwitz-Birkenau. Sie wohnten in den 20er Jahren bis 1933 an der Hiesfelder Straße, Vera und Renate sind in Dinslaken geboren. Nur Mendel Baron hat den Krieg überlebt, zog später nach Israel. Dort hat auch Dr. Walter Isaacson seine letzte Ruhe gefunden, im März 1999, so erzählt Tochter Alizia. "Mein Vater Walter dachte oft an Dinslaken, das letzte von ihm gemalte Bild zeigt sein Elternhaus an der Hünxer Straße."

(RP)
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