Dinslaken Steine für politisch Verfolgte

Dinslaken · Im April 2013 sollen in Dinslaken die nächsten Stolpersteine verlegt werden. Die Steine erinnern an von Nazis ermordete Juden. Zum ersten Mal soll auch politische Opfer des NS-Regimes gedacht werden.

Die Verlegung der ersten Gedenksteine im vergangenen Februar war kompliziert. Bei 14 Grad minus konnte der Kölner Künstler Gunter Demnig nur drei der 19 Steine einzementieren — einen auf der Duisburger Straße, zwei auf der Neustraße. Um die anderen Steine kümmerte sich Tage später der DIN-Service. Für die nächste Verlegung will Vereinsvorsitzende Anne Prior das Frost-Risiko ausschalten. Geplanter Termin ist der April 2013.

In der Mitgliederversammlung gab Prior bekannt, dass unter anderem Steine für die Familie Otto Elkan verlegt werden sollen. Auf ein Foto der Tochter Gudrun Elkan stieß Anne Prior bei ihren Recherchen. Es zeigt die Kleine an der Hand des Hausmädchens der Familie auf der Neustraße. Auf der Rückseite des Bildes findet sich der Name "Gudrun" als Stenokürzel. Erstmals sollen Steine auch an zwei politische Opfer des NS-Regimes erinnern. Sie waren Funktionäre der KPD und einer zwölfjährigen Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Ein Opfer, Alex Grandys aus Hiesfeld, überlebte die Zeit der Verfolgung. Er war unter anderem in den Konzentrationslagern Oranienburg und Neuengamme inhaftiert.

Willkürliche Verhaftungen

"Nach dem Stauffenberg-Attentat am 20. Juli 1944 kam es zu einer Verhaftungswelle durch die NS-Machthaber, bei der zahlreiche Gegner des Regimes, egal, ob konservativ, sozialdemokratisch, kirchlich oder kommunistisch, in die Konzentrationslager deportiert wurden", sagte Anne Prior. Grandys wurde im September 1944 in Holten verhaftet und in das bei Hamburg gelegene Konzentrationslager Neuengamme gebracht. Er wurde am 7. Mai 1945 befreit und kehrte nach Hiesfeld zurück. Er starb Anfang der 1970-er Jahre in Dinslaken.

Anne Prior hat Kontakt zu Grandys Familie. Schwiegertochter und Enkelin werden zur Verlegung des Stolpersteins eingeladen. Prior hat noch zu weiteren politischen Opfern Recherchen angestellt. Auch O.G. wurde nach dem Hitler-Attentat verhaftet. Er wurde in das Konzentrationslager Flossenbürg eingeliefert. Dort starb der 63-Jährige nach sechs Wochen Haft im November 1944.

"Chaotische Fluchtbewegungen"

Ausführlich erläuterte die Vereinsvorsitzende am Beispiel der jüdischen Familie Arthur Cohen, wie schwierig es sei, die "richtige" Verlegestelle für Stolpersteine zu finden. In der 1988 für die Publikation "Leben und Untergang der Synagogengemeinde Dinslaken" ausgewerteten sogenannten "Nichtarier-Kartei" aus dem Meldeamt Dinslaken seien lediglich die letzten Wohnadressen der jüdischen Familien veröffentlicht.

Das habe seinen Grund in den zum Teil chaotischen Fluchtbewegungen der 30er Jahre und den daraus resultierenden häufigen Wohnungswechseln. Leider seien die damals aufgefundenen und ausgewerteten Meldekarten nicht geschlossen als Bestand im Stadtarchiv zugänglich.

(RP/rl)
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