Dr. Thomas Götz Steag-Beteiligung macht weiter Freude

Dinslaken · Der Geschäftsführer der Stadtwerke Dinslaken erklärt, warum das Investment in die Steag für sein Unternehmen noch immer lohnend ist, und warum es aus seiner Sicht strategisch Sinn macht, die beiden Kraftwerksblöcke in Voerde zu erhalten.

Dr. Thomas Götz: Steag-Beteiligung macht weiter Freude
Foto: Peggy Mendel (peg)

RWE möchte, dass zwei Blöcke des Steag-Kraftwerks in Möllen vom Netz genommen werden. In der vergangenen Woche hat die Steag zudem angekündigt, dass sie die Ausschüttung an ihre Eigentümer in den nächsten Jahren drastisch zurückfahren wird. Die Dinslakener Stadtwerke sind mit sechs Prozent an dem Konsortium kommunaler Versorgungsunternehmen (KBSG) beteiligt, das die Steag übernommen hat. Macht dieses Engagement im Moment eigentlich noch Freude?

Dr. Thomas Götz Ja, die Steag ist in der Energiewende angekommen, das heißt, die Strompreise haben sich, seit wir die Steag gemeinsam mit anderen Versorgungsunternehmen erworben haben, halbiert. Das Deutschland-Geschäft der Steag ist wie bei vielen anderen - bei RWE, bei EON, EnBW, Vattenfall - natürlich unter Druck. Die Steag hat es in den vergangenen Jahren geschafft, gute Ergebnisse zu erwirtschaften. Sie hat in Summe an die KBSG 400 Millionen Euro ausgeschüttet. Daraus konnte KSBG in den ersten Jahren bezogen auf unser aller Eigenkapital eine Rendite von zwölf Prozent ausschütten. Im vergangenen Jahr haben wir dann ja die zweite Hälfte der Anteile der Steag erworben. Aus den Ausschüttungen der Steag hat KSBG dann acht Prozent bezogen auf das Eigenkapital der kommunalen Eigner der KBSG ausgeschüttet, aber das ist in Zukunft nicht mehr darstellbar. Die Steag wird die Ausschüttungen von 80 Millionen Euro ab 2016 um ca 40Prozent reduzieren. Auf der Ebene Ausschüttungen der KBSG an die einzelnen beteiligten Versorgungsunternehmen streben wir in den nächsten Jahren bis 2020 eine angemessene Dividende an, die - mit dem dicken Daumen gerechnet - bei vier Prozent liegen soll.

Das wäre dann immer noch mehr, als der Kapitalmarkt allgemein so hergibt.

Götz Genau. Wenn wir jetzt noch mal auf die Ursprungsfrage zurückkommen, ob wir noch mit dem Engagement zufrieden sind, dann sehen wir, dass wir das immer noch sein können, weil ein solches Engagement ja nicht nur an absoluten Zahlen, sondern im Vergleich zum Kapitalmarkt bewertet werden muss - also an Renditen, die alternative Projekte bieten und da sehe ich in der Energiewirtschaft immer weniger Möglichkeiten, die eine solche Rendite bieten könnten. Auf den gesamten Kapitalmarkt gesehen mit mit einem Basiszinssatz von maximal einem Prozent sind die angestrebten vier Prozent immer noch eine angemessene und auskömmliche Verzinsung.

Dennoch sinken natürlich die Einnahmen der Stadtwerke.

Götz Sicher, es tut schon weh, wenn wir nur noch die Hälfte der bisherigen Verzinsung bekommen. Das Geld - in Dinslaken wären das rund 900.000 bis 950.000 Euro - fehlt dann in der Kasse, und wir müssen es im Unternehmen an anderer Stelle erwirtschaften. Das haben wir in unserer Planung für die nächsten fünf Jahre, mit der wir demnächst in die Gremien gehen, berücksichtigt, was aber nicht dazu führt, dass wir unsere Ausschüttungen gegenüber unserem Anteilseigner Stadt Dinslaken senken müssen. Wir können als Unternehmen den Einnahmeausfall verkraften.

Wie beurteilen Sie die Überlegungen, wonach die Steag das ostdeutsche Braunkohlegeschäft von Vattenfall übernehmen soll?

Götz Dazu haben wir in den Steag-Gremien noch keine Beschlussvorlagen gesehen. Wir müssen sehen, dass es hier um ein politisches Projekt geht, das von den ostdeutschen Ländern, aber auch von der Bundespolitik getrieben wird, weil es um tausende Arbeitsplätze geht. In der Situation sucht die Politik einen deutschen Investor, der - anders als vielleicht ein ausländischer - hier keinen personellen Kahlschlag betreiben würde. Ich persönlich glaube nicht, dass ein Einstieg in die Braunkohle zur zukünftigen Entwicklung der Steag passen würde. Wir sollten bei der Steag den eingeschlagenen Weg in eine neue Energiezukunft gehen. Über ein solches Vorhaben müsste auch in den Gremien der kommunalen Anteilseigner - also letztlich in den Stadträten - entschieden werden und da sehe ich zurzeit keine große Neigung, sich darauf einzulassen.

Gucken wir einmal nicht ins fernere Ostdeutschland, sondern ganz in die Nähe nach Voerde. RWE möchte, dass die Steag dort zwei ihrer Kraftwerksblöcke abschaltet. Die Voerder Grünen finden, dass dies eine gute Gelegenheit wäre, sich vom veralteten Energieträger Steinkohle zu verabschieden. Wie beurteilen Sie die Situation?

Götz Die Forderung der Grünen muss man politisch bewerten, nicht so sehr unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Nach den mir bekannten Äußerungen der Steag-Geschäftsführung sind die Voerder Blöcke noch Bestandteil der Steinkohlestrategie des Unternehmens. Man muss sehen, dass die nächsten Jahre angesichts der sehr niedrigen Strompreise nicht einfach sind, aber 2020 und in den Nachfolgejahren gehen dann die Kernkraftwerke aus dem Markt, das heiß es werden große Kapazitäten stillgelegt, und alle Experten sagen, dass wir dann konventionelle Kraftwerke brauchen, um die Energiewende zu Ende zu bringen. Wir erleben, dass wir zurzeit nicht so richtig weiterkommen mit der Speichertechnologie, mit dem Leitungsbau. Wenn also mittelfristig große Kapazitäten aus dem Markt gehen, dazu gehören ja beispielsweise auch Braunkohlekapazitäten aus dem Rheinischen Revier des RWE, brauchen wir, um die Energiewende zu gestalten, übergangsweise die Steinkohlekraftwerke der Steag. Deswegen ist es bestimmt strategisch richtig, um jeden Block, der sich noch halbwegs vernünftig fahren lässt, zu kämpfen.

Wie wird die Diskussion weitergehen?

Götz RWE und Steag waren immer gute Geschäftspartner und sind es noch. Deswegen sollten sie sich an einen Tisch setzen, die Dinge analysieren und sehen, dass beide Partner die Gespräche mit einer Win-Win-Situation beenden.

Es spricht aus Ihrer Sicht also viel dafür, dass Steag die beiden Blöcke übernimmt und weiterbetreibt?

Götz Ich sehe es so, dass es Sinn macht, dass die Steag gute Kapazitäten behält. Am Ende des Tages, wenn nach 2020 die großen Kapazitäten aus dem Markt gehen, sind diejenigen, die es bis dorthin geschafft haben, diejenigen, die einspringen können, wenn die erneuerbaren Energien noch nicht so funktionieren, wie das sein sollte. Strategisch gesehen ist es also sinnvoll, wenn die Steag daran arbeitet, diese Blöcke zu erhalten.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE JÖRG WERNER.

(RP)
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