Voerde/Wesel Spellener Fotograf dreht Pott-Film

Voerde/Wesel · Gerrit Starczewski arbeitet mit Laienschauspielern am Film "Pottoriginale - ein Roadmovie". Im Dezember feiert das Werk im Weseler Scala Vorpremiere. Der 31-jährige, der in Spellen lebt, ist Produzent, Regisseur und Drehbuchschreiber.

 Gerrit Starczewski: "So bin ich, entweder wird es großartig oder total schlecht."

Gerrit Starczewski: "So bin ich, entweder wird es großartig oder total schlecht."

Foto: Tim Kramer| tremark-fotografie.d

Am Niederrhein ist Gerrit Starczewski ein bekanntes Gesicht: Der Fotograf hat mit einer Bilderserie von Schuhen ("Dancing Shoes") für Furore gesorgt, hat mit der Aktion "Naked Heart" Menschen unbekleidet inszeniert - landete deswegen in einem Fall sogar vor Gericht. Jetzt hat der aus Mehrhoog stammende 31-Jährige ein neues Projekt - er nennt es "mein ambitioniertestes Werk". Gerrit Starczewski dreht derzeit seinen ersten eigenen Spielfilm, eine Ruhrpottklamotte um Schwarzgeld, Fußball und kaputte Typen. "Pottoriginale - ein Roadmovie" soll das Werk heißen. Nur Laien spielen mit, seit Wochen schon reist Starczewski mit einem Kameramann von Drehort zu Drehort. Auch in Wesel sollen noch Szenen gedreht werden.

 Tankwart a. D. in der Fankurve. Gerrit Starczewski ist immer mit dem Blick des Fußballromantikers unterwegs.

Tankwart a. D. in der Fankurve. Gerrit Starczewski ist immer mit dem Blick des Fußballromantikers unterwegs.

Foto: Gerrit Starczewski

"Ich hatte eine Eingebung", sagt Gerrit Starczewski, der bis 2010 in Mehrhoog gelebt hat und mittlerweile in Spellen zu Hause ist. Im vergangenen Jahr drehte er zwei Dokus mit dem Titel "Pottoriginale" mit Typen, die in all ihrer Kuriosität für den Ruhrpott stehen, Menschen, wie man sie nur auf den Straßen von Bochum, Schalke und Herne findet. Die Reihe kam gut an, einige der Protagonisten seien im Ruhrpott zu kleinen Stars geworden, sagt Starczewski. Da habe er die Idee gehabt, mit den Typen mit so schrulligen Rufnamen wie Tankwart a. D. und VfL-Jesus einen Spielfilm zu drehen. "Ich habe ein großes Netzwerk, viele bringen sich ein", sagt Starczewski. Ein Protagonist, "Schalke-Johnny", komme sogar aus Wesel. Angelehnt sei die Geschichte an den Film "Bang Boom Bang" mit Ralf Richter, noch immer der Ruhrgebietsfilm überhaupt.

 Diese zwei Pottoriginale wirken im neuen Film von Gerrit Starczewski mit: VfL-Jesus (links) und Tankwart a. D.

Diese zwei Pottoriginale wirken im neuen Film von Gerrit Starczewski mit: VfL-Jesus (links) und Tankwart a. D.

Foto: Starczewski

Starczewskis neuer Film spielt im Ruhrgebiet der 70er Jahre, Herne, Bochum, Schalke. Angelehnt ist er an eine wahre Begebenheit, an die Person Erhard Goldbach, in den 70ern der "Ölkönig von Wanne". Er war zunächst Kohlenhändler, hatte später dann die Tankstellenkette Goldin und fungierte als Sportmäzen bei Westfalia Herne. Durch einen Betrugstrick häufte er Steuerschulden an, wurde schließlich 1980 zu einer Haftstrafe verurteilt. Das hinterzogene Geld - am Ende wohl mehr als 300 Millionen Euro - tauchte nie mehr auf. "Es ist bis heute der größte deutsche Steuerskandal. Niemand hat den Staat um mehr Geld betrogen, niemand saß für ein Wirtschaftsverbrechen länger im Knast; und es ist einfach die größte Herner Geschichte überhaupt", urteilt der Historiker Ralf Piorr. 2004 verstarb Goldbach.

Gerrit Starczewski war fasziniert von diesem Fall. Er schreibt die Geschichte von Goldbachs Millionen fort, als "bewusst überspitzte Handlung". Seine irren Ruhrpotttypen finden im Film das verschwundene Geld verbuddelt im Rasen des Stadions am Schloss Strünkede von Westfalia Herne. Was sie da allerdings noch nicht realisieren: Es handelt sich um alte Geldscheine. Die Truppe um VfL-Jesus und Tankwart a. D. haut das Geld auf den Kopf, die wilde Story nimmt ihren Lauf. "Die Typen sind so gut, weil sie so ehrlich sind", sagt Starczewski. Als einziger professioneller Schauspieler wirkt Uwe Fellensiek mit, bekannt unter anderem aus dem Film "Manta, Manta" (1991). "Das ist ein guter Freund", sagt Starczewski. Der bekannte DJ Klaus Fiehe (Eins Live) leiht dem Stadionsprecher im Film seine Stimme. Charme gewinnt der Film auch durch den Einsatz echter Opel Manta. Alles gipfelt in einer Hauerei auf dem Ascheplatz der Ballfreunde Bergeborbeck in Essen.

Viele Szenen sind in Bochum gedreht worden, eine in Spellen. In Wesel will Starczewski noch an der alten Grundschule in Feldmark drehen. "Dort gibt es noch ein Fußballtor, das auf dem Pausenhof auf eine Backsteinwand gemalt ist. Wo findet man so etwas sonst noch?", sagt Starczewski. der künstlerisch immer auch mit dem Blick des Fußballromantikers unterwegs ist.

Der erste Drehtag war Ende Mai, Ende August sollen die Dreharbeiten beendet sein. Ein paar tausend Euro habe er in seinen Film schon investiert, sagt der 31-Jährige. Einen professionellen Kameramann habe er engagiert. Die Komparsen für den Film rekrutierte er via Facebook. "Das läuft unglaublich schnell und gut." Langsam gehe die Kohle allerdings aus. "Wenn man für 50 Komparsen am Set mal Essen und Trinken einkaufen muss, dann wird es schon kostspielig." Deshalb suche er derzeit nach Firmen, die ihn unterstützen.

Tausendsassa Starczewski hat derzeit kaum eine freie Minute - Produzent, Regisseur und Drehbuchschreiber in einem ist er. Halbfertig sei der Film schon. Parallel zu den derzeit laufenden Drehs würde der Cutter die ersten Szenen schon schneiden. Wie bei den Dokus "Pottoriginale" soll die Vorpremiere wieder in Wesel im Scala sein, später soll der Streifen im UCI Bochum gezeigt werden. Starczewski hofft, dass er ein Erfolg wird. Der Film habe auf jeden Fall das Potenzial, ein Kult zu werden. Starczewski ist aber immer auch mit dem Bewusstsein unterwegs, dass sein Film auch zum totalen Rohrkrepierer taugen kann. "So bin ich, entweder wird es großartig oder total schlecht."

(RP)
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