Dinslaken/Voerde/Hünxe Sparkasse: Rechnung mit Unbekannten

Dinslaken/Voerde/Hünxe · Wenn die Räte in Dinslaken, Voerde und Hünxe am kommenden Dienstag einer Fusion zwischen "ihrer" Sparkasse und der in Wesel zustimmen, dann tun sie das auch aufgrund von Prognosen, die nicht eintreffen müssen.

 Das Gebäude der Verbands-Sparkasse in Wesel an der Bismarckstraße. Hier wird der Hauptsitz der neuen vereinigten "Niederrheinischen Sparkasse im Kreis Wesel" sein - vorausgesetzt die Räte aller beteiligten Kommunen stimmen der Fusion zu, was aber als nahezu sicher gilt.

Das Gebäude der Verbands-Sparkasse in Wesel an der Bismarckstraße. Hier wird der Hauptsitz der neuen vereinigten "Niederrheinischen Sparkasse im Kreis Wesel" sein - vorausgesetzt die Räte aller beteiligten Kommunen stimmen der Fusion zu, was aber als nahezu sicher gilt.

Foto: Ekkehart Malz

So mancher hat sich in den vergangen Wochen über das Tempo gewundert, mit dem die Fusion zwischen der finanziell Not leidenden Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe und der Verbands-Sparkasse in Wesel auf den Weg gebracht worden ist. Die Eile, mit der der "Ehevertrag", der rückwirkend zum 1. Januar 2015 gelten soll, in Dinslaken, Voerde und Hünxe abgesegnet werden soll, führt in der Tat zu einigen Merkwürdigkeiten.

Beispielsweise dazu, dass bis heute weder der Sparkassenvorstand noch der Verwaltungsratsvorsitzende, Dinslakens Bürgermeister Dr. Michael Heidinger, bestätigen wollen, dass das Dinslakener Haus das Geschäftsjahr 2014 mit einem Verlust von über 13 Millionen Euro abschließen wird, obwohl noch im Januar von sieben bis neun Millionen die Rede war. Dies soll erst am 25. Juni geschehen - zwei Tage nach den entscheidenden Ratssitzungen.

Auch sonst enthält die "Fusionsrechnung", mit der die Politiker am 23. Juni konfrontiert werden, noch einige Unbekannte, wie aus den Unterlagen für den nichtöffentlichen Teil der Ratssitzungen, die der Rheinischen Post vorliegen, hervorgeht. So ist noch nicht abschließend geklärt, ob die ausbaldowerte Lösung zur Eigenkapitalausstattung der neuen Sparkasse, die den Namen "Niederrheinische Sparkasse im Kreis Wesel", abgekürzt "Nispa", tragen soll, überhaupt mit den Beihilferichtlinien der Europäischen Union vereinbar ist. Die eingeschalteten Wirtschaftsprüfungsunternehmen werden die Prüfung dieser Frage "aller Voraussicht nach Ende Juli" abgeschlossen haben. Es könne allerdings davon ausgegangen werden, dass die Lösung beihilferechtlich zulässig ist, heißt es.

Der Hintergrund: Aus eigener Kraft konnten die Gewährträgerkommunen, die Eigenkapitalspritze, die die Dinslakener Sparkasse braucht, nicht finanzieren. Deshalb blieb nur der Weg der Fusion. Aber auch die neue Sparkasse braucht frisches Kapital. Dazu trägt die Verbands-Sparkasse Wesel zehn Millionen Euro bei, was sie recht problemlos schultert, indem sie stille Reserven auflöst. 20 Millionen müssen Dinslaken, Voerde und Hünxe beisteuern.

Das Problem: Diese Summen dürfen nicht in den kommunalen Haushalten auftauchen, weil Voerde schon jetzt am Rande der Überschuldung wandelt und Dinslaken dann sofort in die Haushaltssicherung rutschen würde.

Die Lösung: Dinslaken, Voerde und Hünxe übernehmen Garantien in Höhe von höchstens 20 Millionen Euro für risikobehaftete Kredite. Davon hat "ihre" Sparkasse reichlich - insgesamt über eine Summe von rund 150 Millionen Euro. Rund 100 Millionen davon sind mit Sicherheiten unterlegt, bleiben 50 Millionen unbesicherte Kredite, die in der Bilanz als Einzelwertberichtigungen auftauchen. Aufgrund der Garantie der Kommunen, könnten 20 Millionen davon dann wieder als Kapital gewertet werden.

Die Hoffnung: Ob diese Garantiesumme als Rückstellung in den Haushalten der Kommunen ausgewiesen werden muss, ist eine Frage der Einschätzung - nämlich der, ob - vereinfacht gesagt - die Garantiesumme tatsächlich einmal fällig werden könnte. Das haben Wirtschaftsprüfer bewertet. Sie kommen zu dem Ergebnis, "dass es mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bei der fusionierten Sparkasse zu einer erheblichen Verbesserung der Ertragskraft kommt und demzufolge nicht unerhebliche Jahresüberschüsse wahrscheinlich sind. Bei besonders günstiger Entwicklung des wirtschaftlichen Umfelds erscheint es möglich, dass eine Inanspruchnahme der Städte Dinslaken und Voerde sowie der Gemeinde Hünxe aus der Garantieerklärung nicht notwendig sein wird." Die Schlussfolgerung ist, dass es zurzeit nicht notwendig ist, bereits jetzt eine Rückstellung in den Jahresabschlüssen der Kommunen zu erfassen. Die Entscheidungsgrundlage für die Politik besteht also vielfach aus Prognosen, die eintreffen können - oder eben auch nicht.

Die Räte in Wesel und Schermbeck sollen auch am 23. Juni über die Fusion entscheiden, die Ratssitzung in Hamminkeln ist zwei Tage später terminiert.

(RP)
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