Dinslaken/Düsseldorf Richterin zweifelt an Läuterung von Nils D.

Dinslaken/Düsseldorf · Ist Syrienrückkehrer Nils D. geläutert oder spielt er dies nur aus prozesstaktischen Gründen vor? Diese Frage beschäftigt das Oberlandesgericht.

IS-Terrormiliz: Prozess gegen Nils D. 2016
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IS-Terrormiliz: Prozess gegen Nils D. 2016

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Foto: dpa, fg lof

Wie war Nils D. tatsächlich drauf, nachdem der heute 25-Jährige aus dem Syrienkrieg zurückgekehrt war, wo er sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen hatte? Ist er tatsächlich geläutert oder ist seine angebliche Abkehr vom IS eher auf prozess-taktische Gründe zurückzuführen? "Ihr Handeln und Sprechen nach Ihrer Rückkehr spricht gegen eine Läuterung", befand Barbara Havliza, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Düsseldorf, wo dem Angeklagten aus Dinslaken gegenwärtig der Prozess wegen seiner Taten in der Terrormiliz gemacht wird. "Mein Gefühl sagt mir, Sie waren nicht geläutert, als Sie zurückkehrten", so die Richterin. Um Klarheit zu gewinnen, wurden gestern etliche Zeugen befragt, damit das Gericht Nils B. besser einschätzen kann.

Überwiegend sagten jugendliche Zeugen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis von Nils D. aus, nicht alle konnten sich an die zurückliegenden Ereignisse gut erinnern, ständig fiel der Satz: "Das ist schon so lange her." Mehrfach mussten Tonbandaufnahmen, die entstanden waren, als Nils D. abgehört worden war und auf denen auch die befragten Zeugen zu hören waren, dazu dienen, bei ihnen die Erinnerung wieder etwas aufzufrischen. Die ständige Ermahnung durch die Richterin, die Wahrheit zu sagen, nichts zu verschweigen oder herumzudrucksen ("Mauern ist auch die Unwahrheit"), erwies sich bei dem ein und anderen Zeugen als durchaus angebracht.

Ein 24-Jähriger, der den Angeklagten nach einiger Aussage gut kennt und ihn als Freund bezeichnete, will von dessen Ausreise nach Syrien durch das Internet oder nebenbei erfahren haben, als Nils D. überall Gesprächsthema gewesen sei. Es sei schockiert gewesen, denn Nils D. habe er nicht zugetraut, dass dieser nach Syrien gehen würde. Nach dessen Rückkehr habe er sich mit Nils D. getroffen, dieser habe ihm gesagt, er sei nur in der Türkei gewesen. Während einer Autofahrt mit Nils. D und einem weiteren Freund nach Geldern, um dort einen Kumpel im Gefängnis zu besuchen, kam das Gespräch auf den IS, auf Bombenbau und Treueschwüre. Der Angeklagte soll unter anderen gesagt haben, wenn der Kalif als Anführer der Moslems befehle, jemanden umzubringen, dann müsse man dies tun. Der Zeuge gab an, sich kaum an dem Gespräch beteiligt zu haben, da er sich nicht für Krieg interessiert. Die Ausreden des Zeugen bewertete die Richterin als "absolut krauses Zeug". Auf mehrfaches Nachfragen der Richterin erklärte der dann, er habe den Eindruck gehabt, dass Nils D. sich mit Bombenbau auskenne und die Ansichten des Kalifen geteilt habe.

 In diesem Hochsicherheitsverhandlungstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf findet gegenwärtig der Prozess gegen den Dinslakener Nils D. statt.

In diesem Hochsicherheitsverhandlungstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf findet gegenwärtig der Prozess gegen den Dinslakener Nils D. statt.

Foto: HSD

Fast schon zur Weißglut brachte ein 29-jähriger Zeuge die Richterin. Der junge Mann ist wegen psychischer Probleme in ärztlicher Behandlung, nimmt die ihm verordneten Medikamente aber nicht ein. Er fläzte sich auf seinem Stuhl, gähnte und erklärte dies damit, dass er im Zeugenzimmer eingeschlafen sei und erst wach werden müsse. Auch sein Gedächtnis bedurfte der Auffrischung durch Tonaufzeichnungen. Seine ausweichenden Antworten quittierte die Richterin schließlich mit dem Hinweis, dass sie einen widerspenstigen Zeugen bis zu sechs Monate in Haft schicken kann.

"Sie fragen mich Sachen, die Sie auch googln können", antwortete der Richterin ein 18-jähriger Zeuge, der nach eigener Aussage der salafistischen Szene in Dinslaken angehört hat, dann aber ausgestiegen ist. Nils D. wollte er zuerst persönlich nicht gekannt haben, er habe ihn höchstens mal gesehen. Eindringlich befragt, sprach er dann von einer Autofahrt mit Nils D. nach einem Moscheebesuch, bei der dieser ihm von seinem Aufenthalt in Syrien, der Tätigkeit als IS-Gefängniswärter erzählt habe und dass er erkannt habe, dass das alles falsch gewesen sei. Da habe Nils D. also eine Straftat einem Fremden gestanden, meinte die Richterin erstaunt. Der Angeklagte selbst sagte dazu, die Autofahrt habe es zwar gegeben. doch sei nicht über Syrien gesprochen worden.

(RP)
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