Dinslaken/Düsseldorf Prozess gegen IS-Kämpfer Nils D. beginnt

Dinslaken · Ab Mittwoch muss sich der 25-jährige Dinslakener für seine Taten bei der Terrormiliz "Islamischer Staat" verantworten.

Islamist aus Dinslaken 2015 festgenommen
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Islamist aus Dinslaken 2015 festgenommen

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Foto: dpa, rs pzi

Nils D. hatte schon einige Auftritte in den Gerichtssälen der Republik- als Zeuge, der gegen IS-Kämpfer aussagte, die aus Deutschland in den "Heiligen Krieg" gezogen waren. Am Mittwoch muss das Mitglied der sogenannten Lohberger Brigaden nun selbst auf der Anklagebank im Düsseldorfer Oberlandesgericht Platz nehmen. Die Staatsanwaltschaft klagt den Dinslakener an wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat.

In Dinslaken werden viele den Prozess mit Spannung erwarten, könnte er doch weiteren Aufschluss geben darüber, wie die jungen Männer, die dem alten Dinslakener Bergarbeiter-Stadtteil Lohberg den Ruf als Salafisten-Hochburg eingetragen haben, radikalisiert worden sind und welche Hintermänner dabei ihre Finger im Spiel hatten.

Ob Nils D. mehr erzählen wird, als bislang schon bekannt ist, ist offen. Wie die Süddeutsche Zeitung gestern mit Berufung auf ihr vorliegende Vernehmungsprotokolle berichtete, belastet Nils D. Dschihadisten in Syrien, aber kaum Akteure aus der deutschen Islamistenszene, spielt deren Rolle, wie etwa im Fall von Mustafa T. herunter.

Nach allem was bisher bekannt ist, vollzog sich die Radikalisierung des Dinslakener Konvertiten wie die vieler anderer "Gotteskrieger" auch. Über seinen Cousin Philip B., der sich inzwischen als Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt hat, bekommt Nils D. nach Drogenproblemen und einer abgebrochenen Ausbildung Kontakt zur Lohberger Brigade.

Deren Keimzelle soll ein Bildungsverein gewesen sein, der von 2011 bis 2013 im Lohberger Ledigenheim Tür an Tür mit dem Integrationsrat residierte. Als Kopf des Vereins gilt Mustafa T., der auch einige Zeit als sachkundiges Mitglied des Dinslakener Schulausschusses tätig war. Inzwischen ist er aus Lohberg verschwunden, soll aber unbestätigten Gerüchten zufolge, schon wieder mehrfach dort gesehen worden sein. Philip B., dem sein Cousin Nils schließlich im Oktober 2013 nach Syrien folgt, war Kassierer des Vereins.

Nils kehrt offenbar unter dem Eindruck des Todes seines Cousins nach Deutschland zurück, gibt an, gar nicht bis Syrien gekommen zu sein und bleibt zunächst auf freiem Fuß - aber unter Beobachtung. Als er in von der Polizei abgehörten Gesprächen mit seinen Taten beim IS prahlt, schlägt ein Sondereinsatzkommando zu, verhaftet den 25-Jährigen am 10. Januar vergangenen Jahres auf der Krengelstraße. Nils D. will zum Sturmtrupp des IS gehört haben, so geht es aus seinen bisherigen Aussagen vor Gericht und laut Süddeutscher Zeitung den Protokollen der rund 40 Vernehmungen, in denen er ausgepackt hat, hervor.

Der Sturmtrupp war so etwas wie die Abteilung innere Sicherheit der Terrormiliz, eingesetzt bei der Verfolgung Abtrünniger, denen die Hinrichtung drohte. Vor dem Celler Oberlandesgericht hatte der Dinslakener im Prozess gegen zwei Wolfsburger Syrienrückkehrer ausgesagt, dass von einem Scharia-Gericht verurteilte Gegner und Abtrünnige des IS in Syrien auf dem Marktplatz mit dem Schwert geköpft oder erschossen worden seien. Anschließend habe man sie gekreuzigt und mehrere Tage als Abschreckung zur Schau gestellt.

Wenn man sich abkehren wolle vom IS, sei man automatisch ein toter Mann. Nils D. allerdings will nur passiv am grausamen Geschehen beteiligt gewesen sein. Er gibt an, bei Verhaftungen nur im Wagen gesessen zu haben, für die Sauberkeit im IS-Gefängnis zuständig gewesen zu sein und gekocht zu haben.

Für die Ermittler ist der Syrien-Rückkehrer inzwischen zu einer wichtigen Quelle geworden. Er hat, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, beispielsweise die enge Verflechtung zwischen der islamistischen Szene in Belgien und Deutschland beschrieben und auf Verbindungen zu den Attentaten in Paris hingewiesen. Mit einigen der später für die Attentate in der französischen Hauptstadt verantwortlichen Tätern hätten Dschihadisten aus Deutschland in der syrischen Kleinstadt Kafr Hamra in einer Villa zusammengelebt.

(RP)
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