Dinslaken/Wesel Prozess Dagmar E.: Täter müssen für viele Jahre hinter Gitter

Dinslaken/Wesel · Gericht wertet die Tat als Totschlag. Elf Jahre Haft für den Sohn der Getöteten, zwölf für den Drahtzieher, je acht Jahre für die Mittäter.

Vier Männer müssen wegen Totschlags und Anstiftung zur Tötung der Dinslakenerin Dagmar E. für viele Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht hat gestern Freiheitsstrafen von bis zu zwölf Jahren verhängt. Keiner der Angeklagten hatte sich zu der Tat bekannt. "Das eigentliche Tatgeschehen bleibt im Dunkeln", fasste der Richter die Bemühungen um die komplette Aufklärung des Falles zusammen.

Mit Hilfe von Telekommunikationsdaten könne man allerdings die Zeit um das Kerngeschehen gut rekonstruieren. Danach stehe fest, dass der Sohn der Getöteten, Alexander E., den das Gericht gestern zu elf Jahren Haft verurteilte, und die Brüder Abenezer und Khalab A. (beide erielten Jugendstrafen von jeweils acht Jahren), am Tatabend in der Wohnung an der Sandrastraße warteten, als Dagmar E. gegen 19 Uhr von der Arbeit nach Hause kam. Bis etwa 19.30 Uhr habe sie sich per Internet mit Bekannten ausgetauscht, auch das könne man nachweisen. Um 19.44 Uhr sei von dem Computer des Sohnes das Lied "Return to me" von Dean Martin abgespielt worden.

"Wir sind der Überzeugung, dass Dagmar E. sich zu diesem Zeitpunkt im Todeskampf befunden hat, mit allen Dreien", sagte der Richter. Es sei auch gesichert, dass die Frau im Kinderzimmer starb und dass sie erstickte, sei es durch Strangulation oder durch das Zuhalten von Mund und Nase. Weitere wichtige Erkenntnisse habe man aufgrund von Sachverständigengutachten: nämlich dass es mindestens zwei Täter waren, die die 58-Jährige töteten. Damit sei die Aussage von Abenezer A. widerlegt, dass der Sohn des Opfers seine Mutter alleine im Wohnzimmer tötete und dann die beiden Brüder zu Hilfe rief.

Das bedeute aber nicht, dass man Alexander E. generell Glauben schenke. Er habe ein schwankendes und wechselhaftes Aussageverhalten an den Tag gelegt. Vor der Verhandlung hatte er mehrfach angegeben, dass er seine Mutter versehentlich tötete, es habe sich um einen Unfall gehandelt. Während der Verhandlung sagte er, zwei der drei Brüder hätten die Frau ermordet, während er im selben Raum war. Er sei aus Angst nicht zur Polizei gegangen. Auch das von Alexander E. geschilderte Zerwürfnisnach der Tat habe es nicht gegeben.

So wäre es nicht zu erklären, dass Alexander E. nach dem Verschwinden seiner Mutter zu den Mitangeklagten zog. Auch lasse die Überwachung der Gespräche nicht auf Drohungen oder Streit schließen. Anders als ursprünglich angeklagt könne man keinem der Männer die Beteiligung an einem Mord nachweisen, hieß es in der weiteren Urteilsbegründung. Es gebe zwar Mordmerkmale - hier sei besonders das der Habgier des Weseler Kioskbesitzers Israel A. zu nennen - zu einer Verurteilung wegen Mordes reiche das aber nicht.

Aus der gezielten Abhörung nach polizeilichen Vernehmungen sei auch klar geworden, dass der älteste Bruder, Israel A., den Auftrag gab. Er wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der Drahtzieher habe 6000 Euro Schulden bei dem Opfer gehabt. Dass die Frau das Geld notfalls mit polizeilicher Hilfe zurückfordern wollte, sei ihm kurz zuvor klar geworden. Er habe auch das Aussageverhalten seiner Brüder im Ermittlungsverfahren bestimmt.

(RP)
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